Die Restitutionsdebatte europäischer Museen und die Frage nach der europäischen Mentalität beim Erwerb von Artefakten
1. Einleitung: Rassismus, Kunst und Aneignung
„Le premier remède c’est la culture, dans ce domaine, je ne peux pas accepter qu’une large part du patrimoine culturel de plusieurs pays africains soit en France. Il y a des explications historiques à cela mais il n’y a pas de justification valable, durable et inconditionnelle, le patrimoine africain ne peut pas être uniquement dans des collections privées et des musées européens. Le patrimoine africain doit être mis en valeur à Paris mais aussi à Dakar, à Lagos, à Cotonou, ce sera une de mes priorités. Je veux que d’ici cinq ans les conditions soient réunies pour des restitutions temporaires ou définitives du patrimoine africain en Afrique“.1
Als der französische Präsident Emmanuel Macron im Oktober 2017 an der Universität Ouagadougou diese Worte sprach, löste das nicht nur vor Ort Applaus aus, sondern es führte auch zu einer europaweit geführten Diskussion über die Rückgabe afrikanische Kulturgüter in europäischen Museen.2 Die Diskussion über diese Rückgabe ist allerdings nicht neu, sondern wurde bereits in den 1960er Jahren nach der Unabhängigkeit zahlreicher Länder Afrikas angestoßen, blieb aber bis auf einzelne Ausnahmen in den 1970er Jahren folgenlos. Das änderte sich erst mit dem Beginn des neuen Jahrtausends.3
Die Frage nach dem Ausstellen afrikanischer Kunst in europäischen Museen hat es mittlerweile sogar in die Populärkultur geschafft. So zeigt eine der Eingangssequenzen in dem Superheldenfilm Black Panther von 2018, wie der Gegenspieler des Helden einige Ausstellungsstücke raubt, nachdem er seine Gesprächspartnerin mit der Plünderung afrikanischer Kulturgüter konfrontiert hat.4
Dass es überhaupt möglich ist, dass eine kulturpolitische Frage bei einer breiten Öffentlichkeit auf Interesse stößt, hat wohl mit der Globalisierung und vor allem auch mit der Kritik an ihr zu tun. Diese richtet sich in vielen Fällen gegen die Ausbeutung der Menschen in den nicht-westlichen Ländern. Die Inbesitznahme von Kunstgegenständen und Kulturgütern durch westliche Offiziere, Kaufleute und andere Interessierte während der Kolonialzeit passt in das Narrativ dieser Ausbeutung.
Es steht außer Frage, dass sich während der Kolonialzeit menschen- und völkerrechtliche Verbrechen in den Kolonien ereignet haben, in deren Folge Menschen getötet und beraubt wurden. Doch ist es Aufgabe des Historikers zu differenzieren. Nur weil es zu solchen Verbrechen kam und diese solche Folgen hatten, ist eben nicht jedes Objekt automatisch durch ein solches Verbrechen in einem europäischen Museum gelandet.
Die vorliegende Arbeit will versuchen, einen solch differenzierten Blick auf die Restitutionsdebatte zu werfen und dabei sowohl die europäischen als auch die afrikanischen Perspektive zu beleuchten. Als aussagekräftiges Beispiel soll dabei das Königreich Benin fungieren, dessen Kunstwerke als populärste Artefakte afrikanischer Kunst gelten können.
a. Das Feld wird bereitet – Vorstellungen Europas über Afrika um 1800
Der Philosoph Georg Friedrich Wilhelm Hegel, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird, fasste in einer Vorlesung zu Beginn des 19. Jahrhunderts sein Bild von Afrika wie folgt zusammen:
„Das eigentliche Afrika ist der diesen Kontinent als solchen charakterisierende Teil. […] Er hat kein eigenes geschichtliches Interesse, sondern dies, daß wir den Menschen dort in der Barbarei, in der Wildheit sehen, wo er noch kein integrierendes Ingrediens zur Bildung abgibt. Afrika ist, soweit die Geschichte zurück geht, für den Zusammenhang mit der übrigen Welt verschlossen geblieben; es ist das in sich gedrungene Kinderland, das jenseits des Tages der selbstbewußten Geschichte in die schwarze Farbe der Nacht gehüllt ist“.5
Diese einleitende Charakterisierung begründet er vor allem mit der Geographie des Kontinents, die es für die Europäer schwer mache, in diesen weiter vorzudringen.6 Damit macht Hegel seinen Blick auf Afrika deutlich. Er setzt Europa und die Welt gleich, denn das, was er als „übrige Welt“ bezeichnet, ist vor allem Europa.
Noch wichtiger ist in diesem Abschnitt jedoch die von Hegel aufgestellte Behauptung, der Mensch sei im „eigentlichen Afrika“, womit er alle Teile Afrikas meint, die nicht zu Nordafrika oder Ägypten gehören7, ein Barbar, der keine Bildung habe. Das Wort „noch“, das er verwendet, zeigt aber, dass er davon ausgeht, das diese Bildung irgendwann erlangt werden könnte. Anderseits beendet er das Kapitel zu Afrika mit den folgenden Worten:
„Aus allen diesen verschiedenen angeführten Zügen geht hervor, dass es die die Unbändigkeit ist, welche den Charakter der Neger bezeichnet. Dieser Zustand ist keiner Entwicklung und Bildung fähig, und wie wir wie heute sehen, so sind Sie immer gewesen“.8
Hegel schwankt damit zwischen zwei Positionen, die den Diskurs der Aufklärung im Umgang mit Afrikanern bestimmten. Zum einen geht es darum, ihnen die Möglichkeit zur Entwicklung abzusprechen, eine Position, die etwa David Hume oder Immanuel Kant vertraten9, zum anderen geht es darum, dem Schwarzen durchaus die Fähigkeit zur Entwicklung zuzugestehen, wie etwa Samuel Stanhope Smith meinte10.
Hegel, Kant und Smith sind Teilnehmer eines Diskurses, der sich spätestens im 18. Jahrhundert entwickelt. Ausgehend von Beobachtungen kultureller und naturwissenschaftlicher Art, die in Reiseberichten festgehalten wurden, wurde probiert, Rassen zu ordnen und zu hierarchisieren.11 Dabei wurde die eigene Rasse oftmals als höher angesehen, während die schwarze Bevölkerung Afrikas dabei eine niedrigere Stellung einnahm. Die Unterschiede zeigten sich dabei in Aussehen, Verhalten und kulturellen Erzeugnissen.
Wer als Europäer Europa verlässt und Kontakt mit dem und den Anderen hat, wird automatisch Teil dieses Diskurses. Er setzt sich mit dem Anderen auseinander und entwickelt dazu eine Haltung. In vielen Fällen wird diese Haltung durch die herrschende Meinung des Diskurses bestimmt. Wenn diese dem Anderen gegenüber negativ eingestellt ist, dann wird auch die eigene Haltung oftmals negativ sein.
Als Reisender hat der Europäer die Möglichkeit, den Diskurs zu beeinflussen. Er kann selber einen Reisebericht verfassen, in dem er seine Erfahrungen darstellt oder er kann sich Kulturgüter der Anderen aneignen und nach Europa schicken. Der Prozess der Aneignung ist dabei auch abhängig von der Motivation. Wer sich mit der Haltung des Überlegenen ein Kulturgut aneignen will, der ist zum Handel auf Augenhöhe nicht fähig, und wird jeden Versuch des Anderen, den Aneignungsprozess als Geschäft unter Gleichen zu generieren, ablehnen. Im äußersten Fall wird aus einem solchen Prozess dann eine brutale Handlung und die Aneignung wird jenseits der Regeln des Marktes getätigt.
Mit anderen Worten: Der Rassendiskurs des 18. und 19. Jahrhunderts hatte Auswirkungen auf das Verhalten bei der Aneignung, weil er eine Ungleichheit zwischen den Völkern postulierte, die bei denjenigen Europäern, die vor Ort agierten, dazu führen konnte, die Anderen schlecht zu behandeln und ihnen ihr Eigentum gegen deren Willen zu nehmen.
b. Afrikanische Kunst aus europäischer Sicht
Dieser Ungleichheitsgedanke zwischen Europa und den Anderen dauerte bis in das 20. Jahrhundert an. Bei zahlreichen archäologischen Entdeckungen in Afrika wird das sehr deutlich. Die Ausgrabungen von Mapungubwe in Südafrika führten etwa zu einem Streit, ob die gefundenen Gegenstände, inklusive eines goldenen Rhinozeroses, wirklich von Bantu kreiert worden sein konnten oder ob man nicht doch eine andere Bevölkerung als deren Urheber ansehen müsse.12
Sehr deutlich wird diese Annahme in einem der meiste verkauften Romane des viktorianisches Zeitalters. Henry Rider-Haggards Sie bringt die Protagonisten des Romans nach Südafrika, wo sie eine große, alte Kultur entdecken. Die Königin dieser Kultur ist eine weiße, sehr alte Frau, die schon in der Antike lebte und das Wissen der Alten mit nach Südafrika brachte.13 So zeigt sich in der literarischen Fiktion ein Weltbild der Europäer: Was in Afrika als großartig, als Kunst und Kultur erscheint, muss von außen dorthin gebracht worden sein.
Doch diese Meinung war nicht die einzige in Bezug auf die Kunst der Anderen. So schrieb der Bildhauer Otto Freundlich 1935:
„Denn da die Künstler […] die ehrliche, an Gegensätzen reiche Kunst der Asiaten, Neger & Indianer vorzogen, bekannten sie sich zu ihren farbigen Brüdern aller Zeiten und verbanden dadurch das hochmütige u. exclusive Europa mit dem Geistesleben der farbigen Völker. Die Künstler bekannten dadurch, daß die farbigen Völker Kulturträger ersten Ranges gewesen seien […]“.14
Ein Zeitgenosse und Kollege Freundlichs, der Bildhauer Fritz Behn, trat dieser Auffassung mit großer Vehemenz entgegen. Für ihn waren die Idee, die Freundlich und andere vertraten
„Niggerei – die jetzt überall in der unmotiviertesten Weise in der bildenden Kunst grassiert. Das sind nur Modetorheiten […]. Was ich verteidige, ist nicht der Gegenstand, sondern das Wesen. Die Natur, die ich – zufällig in Afrika – innerlichst erlebte“.15
Unbestreitbar scheint es also nach dem Jahr 1900 zu einer Beeinflussung gewisser Künstlerkreise gekommen zu sein, die sich u. a. darin zeigte, der afrikanischen Kunst mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Das ist um so erstaunlicher, als dass es zwar bereits im 18. und 19. Jahrhundert bei Künstlern und ihren Förderern dazu kam, die Welt außerhalb Europas als Inspiration zu nutzen, was sich in verschiedenen Reisen und Werken der Künstler zeigt, diese Begeisterung sich aber vor allem auf den Orient, China, Amerika und die Südsee beschränkte.16 Afrika kam dabei nur selten in den Blick, wie etwa bei dem zitierten Fritz Behn. Ein Grund mag darin gelegen haben, dass Afrika „in der Vorstellung allgemeingebildeter Europäer ein trostloses Land, ein Erdteil der Fieber und nur geeignet für Abenteurer und Missionare war“.17
Dieser Satz stammt aus einem von zwei Werken, um die man nicht herum kommt, wenn man sich mit der Sicht der Europäer bzw. europäischer Künstler auf afrikanische Kunst um das Jahr 1900 herum und im frühen 20. Jahrhundert befasst. Geschrieben hat ihn Leo Frobenius in seiner Kulturgeschichte Afrikas18, die 1933 publiziert wurde. Das andere Werk ist Carl Einsteins Essay Negerplastik19 von 1915.
Einsteins Essay gilt als eines der einflussreichsten Werke zur Theorie afrikanischer Kunst, was sich etwa daran festmachen lässt, dass afrikanische Kunst vor diesem Essay kaum als solche verstanden wurde.20 Dennoch findet sich eine gewisse Faszination für die Kunst der afrikanischen Völker bei zahlreichen europäischen Künstlern, die in der Primitivität, die sie in den Werken zu sehen glaubten, etwas Neues für ihr eigenes künstlerisches Schaffen sahen.21
Um sich allerdings von diesen Werken inspirieren zu lassen, war es gar nicht notwendig, tatsächlich nach Afrika zu gehen. In den ethnologischen Museen fanden sich zahlreiche Objekte aus den außereuropäischen Welten, wenn auch in Unordnung und wenig systematisch katalogisiert. So waren es Künstler, die eine am Ausstellungsobjekt orientierte Reorganisation dieser Museen forderten oder es waren einflussreiche Kunstförderer, wie Karl-Ernst Osthaus, der in seinem Folkwang-Museum in Hagen diese Werke mit denen moderner Künstler zusammen ausstellte.22
Selbst diejenigen Künstler, die sich nicht durch die Form der afrikanischen Kunst, um die es Einstein in seinem Essay gegangen war, inspirieren ließen, sondern probierten, afrikanische Menschen künstlerisch zu verewigen, konnten dies ohne Reise nach Afrika tun. So gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche dunkelhäutige Modelle, die ihren Körper den Künstlern als Vorlage zur Verfügung stellten. Eine Frau, die als Miss Robinson bekannt war, posierte so für Albert Weisgerber als Somalifrau und später auch für Eugen Kahler.23
Möglich war vor allem der Umgang mit den afrikanischen Kunstwerken durch einen regen Handel, der dafür sorgte, dass man in den Großstädten Europas zahlreiche Werke afrikanischen Ursprungs oder zumindest Werke, die diesen Ursprung behaupteten, nicht nur in Museen, sondern auch auf dem Trödel betrachten und sich diese dort auch aneignen konnte.24 Doch fanden sich oftmals gar keine alten oder originellen Werke, was aber die europäischen Künstler wenig störte. Pablo Picasso etwa quittierte 1907 einen Hinweis auf die mindere Qualität der afrikanischen Vorlagen mit der Aussage, dass „man das Meisterwerk nicht [braucht], um die Idee zu erahnen“.25
Das Besondere an dem Werk Einsteins sind neben der künstlerischen Sprache des recht kurzen Essays vor allem die in Anhang aufgeführten Bildtafeln, die zahlreiche Plastiken afrikanischer Herkunft zeigen. Der Blick auf die Bilder macht deutlich, dass nicht eines davon in seinem ursprünglichen Kontext fotografiert wurde, der für Einsteins kunsttheoretischen Ansatz durchaus wichtig ist.26 Maßgeblich verantwortlich für die Menge an Abbildungen war der ungarische Kunsthändler Joseph Brummer, der Einsteins Arbeit unterstützte und die abgebildeten Kunstwerke aus Belgisch-Kongo, dem Sudan, der Elfenbeinküste, Liberia oder Gabun beschaffte.27
Anders als Einstein machte sich Leo Frobenius auf, in Afrika zu reisen. In der Zeit von 1904 bis 1932 reiste er auf zwölf Expeditionen durch verschiedene Regionen Afrikas und erlebte dabei den Kontext, aus dem die Kunstwerke stammten, die er zuvor in Museen gesehen hatte.28 Doch genau wie Einstein profitierte Frobenius von den Möglichkeiten, die der Kolonialismus geschaffen hatte. Während jener durch Kauf dazu kam, über die Kunstfertigkeit der Afrikaner nachzudenken, konnte Frobenius seine Reisen dadurch unternehmen, indem er sich auf koloniale Infrastruktur stützen konnte. Dabei sammelte er „ethnographische und historische Daten, mündliche Überlieferungen, materielle Kulturobjekte und Felsbildkopien“29, die zunächst in seinem privaten Foschungsinstitut, dann im Völkerkundemuseum in Frankfurt, dessen Direktor er von 1934 an war, und später in dem nach ihn benannten Frobenius-Institut aufbewahrt wurden und bis heute werden. Als Frobenius 1938 starb, war das Völkerkundemuseum der Stadt das meistbesuchte Museum Frankfurts.30
Sammlungen und Beschäftigung mit diesen sorgten dafür, dass afrikanische Kunst um das Jahr 1900 und in den Jahrzehnten danach einen wachsenden Markt darstellte, der schließlich durch die Künstler der Moderne weiter beeinflusst wurde. Geld und soziale Anerkennung konnten so durch afrikanische Kunst erworben werden.
Ein Beispiel für eine solche Anerkennung ist die Schenkung, die der Leipziger Sammler und Mäzen Hans Meyer an das Ethnografische Museum in Stockholm machte. Dabei stand nicht der Fortschritt der ethnografischen Wissenschaft im Vordergrund, sondern einzig der Versuch Meyers einen Nordstern, den höchsten Orden der schwedischen Krone, zu bekommen. Dafür schenkte er dem Museum zahlreiche Statuen aus Benin. Meyer tat dies nicht zum ersten Mal, sondern hatte bereits durch andere Schenkungen dieser Art zahlreiche Orden europäischer Nationen gesammelt. Die Schweden ließen Meyer nach vielen Briefen und Verhandlungen tatsächlich einen Nordstern zukommen, allerdings ohne Bruststern, so dass Meyer eben nicht die erhoffte, höchste Auszeichnung bekam.31
Der afrikanischen Kunst kam also eine wachsende Bedeutung zu, die sich in der künstlerischen Beschäftigung mit ihr ebenso zeigte wie in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung, im sozialen Prestige oder in gewinnbringenden Geldanlagen. Daraus ergibt sich die Frage, unter welchen Umständen die Kunst Afrikas den europäischen Raum erreichte.
c. Wie identifiziert man Aneignungsmentalitäten?
Um den Begriff der Aneignungsmentalitäten im Detail zu erklären und im Anschluss daran zu operationalisieren, ist hier nicht der Raum. Es muss genügen, auf zwei Dinge hinzuweisen. Zum einen geht es darum, deutlich zu machen, dass Mentalitäten nicht statisch sind. Es ist möglich, dass eine Mentalität lange bleibt, doch ist sie stets Veränderungen durch Umwelteinflüsse ausgesetzt.
Zum anderen muss klar sein, dass die Aneignungsmentalität zweigeteilt ist. Erstens verbirgt sich dahinter die Motivation der Aneignung, zweitens der Prozess der Aneignung selber.
Ich gehe davon aus, dass es im Fall der Benin-Bronzen mindestens zwei Motivationen gab, sich diese anzueignen. Zum einen unterstelle ich den Briten eine sozialpsychologische Motivation, die sich (nicht) ganz unabhängig von Kolonialismus und Rassismus darin zeigt, dass der Sieger eines Kampfes den Verlierer weiter demütigen will. Zum anderen aber werde ich weiter unten zeigen, dass es auch eine rassistisch motivierte Art der Aneignung gab, die dadurch zum Ausdruck kam, den Afrikanern Dinge (wieder) abzunehmen, die ihnen nicht zustanden.
Während sich die erste Motivation in einem Prozess der Gewalttätigkeit zeigt, der zwar unfair und menschenverachtend ist, aber auch unabhängig von kolonialen Gedankengut funktioniert, ist es möglich, die rassistische Motivation frei von direkter physischer Gewalt auszuüben, etwa durch das Einsammeln von Kunstwerken, die nach der Eroberung einer Stadt herum liegen und ohne Eigentümer sind.32 So kann eine friedliche Aneignung durchaus kolonial-rassistisch geprägt sein.
Für die Frage nach der Restitution ist schließlich noch eine weitere Motivation ausschlaggebend, da es dabei ja um Museen und Privatsammlungen geht. Für diese ist einzig die zweite Aneignungsmentalität entscheidend. Es geht also um die Frage, wodurch die Aneignung der Benin-Bronzen durch Museen und Sammler motiviert war.
2. Eroberung, Aneignung, Mentalitäten
a. Gründe für die Eroberung Westafrikas
Interessanterweise war es gar nicht Aneignung, was die Europäer anfangs dazu brachte, Afrika zu erforschen und schließlich zu erobern, sondern das genaue Gegenteil: der Export von Waren. Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts schrieb der portugiesische Historiker Gomes Eanes de Azurara, dass ein Grund für das Reisen nach Afrika in der Aussicht bestand,
„daß, wenn es in diesen Gegenden christliche Völker und geschützte Häfen gab, in denen man gefahrlos vor Anker gehen konnte, eine große Zahl von Waren nach jenem Königreiche verschifft werden könnten, deren guter Absatz als gesichert gelten konnte […]“.33
Diese Hoffnungen erfüllten sich im Laufe der Frühen Neuzeit nicht und der Import in das Mutterland nahm an Bedeutung zu. Vielleicht liegt darin einer der Gründe, warum sich das europäische Interesse an Afrika in Grenzen hielt, wenn man es etwa mit Amerika und Asien vergleicht, denn diese beiden Kontinente „hatten eben dem Europäer mehr zu bieten“, wie es Wolfgang Reinhard ausdrückt.34 Eine Ausnahme bildeten dabei die Afrikaner selber, die man als Sklaven in Amerika benötigte und als Handelsgut verschiffte, bis dies 1807 verboten wurde.
Dieses Ende des Sklavenhandels, das nicht mit einem Ende der Sklavenhaltung einherging, war ein maßgeblicher Faktor für die Steigerung des britischen Engagements an der westafrikanischen Küste. Zum einen sahen es die Briten als ihre Aufgabe an, das Verbot des Sklavenhandels durchzusetzen, was bedeutete, mit den eigenen Schiffen vor der Westküste Afrikas im Atlantik zu patrouillieren. Das wiederum führte dazu, mehr Standorte für die Marine vor Ort aufbauen zu müssen.35 Zum anderen mussten, wenn Sklavenschiffe gefunden wurden, die Sklaven irgendwohin. Da es vielfach nicht möglich war, sie in ihre ursprünglichen Heimstätten zu bringen, bedienten sich die Briten festgelegter Regionen an der Küste, in denen jene gebracht wurden.36 Dazu gehörten neben Sierra Leone und Liberia, das zur Rückführung amerikanischer Sklaven ebenso genutzt wurde wie für die der von Sklavenschiffen befreiten Afrikaner, auch die Insel Lagos.37
Von diesen befreiten Sklaven, vor allen den christlich geprägten Afroamerikanern, gingen nach 1839 Bestrebungen aus, die Völker der Westküste zu missionieren. Das probate Mittel für dieses Anliegen schien in ihren Augen neben dem Aufbau kirchlicher Strukturen, in denen Schwarze die Leitungspositionen inne hatten, auch die Gründung einer Kolonie zu sein. Im Gegensatz zum Aufbau einer Kirche, scheiterte die Koloniegründung jedoch.38
Einzig die Annexion der Insel Lagos durch die Briten 1861 hatte Erfolg. Dahinter standen allerdings noch weitere Gründe. Die britische Regierung sah sich ständig dem Konkurrenzkampf mit Frankreich ausgesetzt, der sich nicht nur darin widerspiegelte, dass beide Nationen um dieselben Regionen kämpften, sondern auch darin, dass man auf britischer Seite befürchtete, die in französischen Territorium handelnden britischen Händler seien in Gefahr oder zumindest in ihrer Tätigkeit benachteiligt.39 Es war aus dieser Perspektive dringend nötig, diese Konkurrenz zu überwachen. Für diese Aufgabe bot sich die Insel Lagos an, die der Westküste gegenüber liegt.40
Auf Seiten der Bevölkerung Westafrikas hatte die Abschaffung des Sklavenhandels auch Auswirkungen. Den westafrikanischen Skalvenhändlern fehlte die Handelsware, so dass sie gezwungen waren, auf andere Produkte zu setzen. Die Dahomey beispielsweise schafften es, mit Unterstützung ehemaliger brasilianischer Sklaven vom Menschenhandel auf den mit pflanzlichen Ölen umzustellen.41
Der Einfluss der ehemaligen Sklaven an der Westküste Afrikas war recht groß, entweder direkt oder auch indirekt, etwa durch eine Abgrenzung von ihnen. So betrieben die Egba, deren Heimat Lagos gegenüber lag, durch ein eigenes Handelsgericht, eine Poststrecke nach Lagos und ähnliches eine Modernisierung ihres Gebiets, die aber politisch keine Folgen hatte.42 Selbst da, wo von den Einheimischen versucht wurde, sich im Sinne europäischer Vorstellungen staatlich zu organisieren, wie dies etwa bei den Fanti 1868 und 1871 der Fall war, wurden solche Versuche durch die Briten vereitelt.43
Der Grund dafür lag darin, dass auf Seiten der Europäer der Wunsch wuchs, neue Absatzmärkte zu finden. Durch die Depression der 1870er Jahre suchten vor allem britische Kaufleute neue Kunden für ihre Produkte. Diese vermuteten sie jenseits der bekannten Küstenorte in Zentralafrika.44 Doch auch dort, wo diese Kaufleute bereits waren, blühte der Handel. Die Küste Westafrika war ein prosperierendes Gebiet.45 Der Handel dort wurde sowohl durch die einheimischen Geschäftsleute vorangetrieben, als auch durch die zugezogenen ehemaligen Sklaven.46
Dabei zeigte sich, dass die Depression der 1870er Jahre sich erst mit einiger Verzögerung an der westafrikanischen Küste auswirkte.47 Es war u. a. dieser Umstand, der dafür sorgte, dass sich die Konkurrenz zwischen England und Frankreich nun beschleunigte. Hinzu kam, dass zum einen die einheimischen Geschäftsleute wesentlich geschickter als die europäischen Eroberer agierten48, was diese in Zugzwang brachte, wenn sie das nationale und europäische Pathos der Zivilisierung nicht aufgeben wollten49, zum anderen Märkte erschlossen werden mussten, um der einheimischen Wirtschaft zu helfen.50
Ein vierter Umstand verschärfte die Situation zusätzlich. Der Einfluss der Europäer und der zugezogenen Sklaven veränderte auch das Verhalten der Einheimischen. Der Kampf der Aschanti gegen die Briten, den diese 1824 und 1863 gewannen, führte zu Machtansprüchen dieses Volkes in der Region.51 Andere Maßnahmen zur politischen Konsolidierung endeten in Auseinandersetzungen, in denen die Europäer dann als Schlichter auftraten und so ihre Stellung verbesserten, was schließlich auch dazu führte, dass sie vereinzelt endlich in der Lage waren, afrikanische Zwischenhändler auszuschalten.52
In diesem Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren, zu denen noch weitere hinzukamen53, zeigt sich recht deutlich, dass die europäischen Bestrebungen in Westafrika verschiedene Motivationen hatten, jedoch ist keine davon ursprünglich darauf ausgerichtet, sich im großen Rahmen Güter aus dieser Region anzueignen. Religion und Zivilisation, Produkte und Siedler sollten nach Afrika gebracht werden, Aneignung afrikanischer Güter war recht minimiert und nach Abschaffung des Sklavenhandels54 ging man sogar dazu über, Menschen zurückzubringen.
Es stellt sich daher die Frage, wie es dann zu Aneignung afrikanischer Kulturgüter kam. Wie so oft ist dabei weniger der große, nationale Plan entscheidend, sondern das Verhalten der Akteure vor Ort, deren Aktionen oftmals dazu führten, dass im Mutterland reagiert werden musste.55 Auch die Eroberung des Königreichs Benin gehört in eine solche Kategorie.
b. Das Königreich Benin und sein Kunsthandwerk
In der Region, in der sich später das Königreich Benin etablieren sollte, sind seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. menschliche Spuren nachweisbar. Das Land selber war äußerst fruchtbar und durch die entstandene Eisenverhütung wuchsen die kleinen Siedlungen stetig an. Vor etwa 1300 Jahren war ein solche Siedlung im Bereich des heutigen Benin-Stadt entstanden, die sich bis in das 9. Jahrhundert hinein konsolidierte und eine Vormachtstellung in der Region ausübte. Die 200 Jahre danach ist durch die mündliche Geschichtsüberlieferung ins Mystische verklärt worden, so dass von 31 Himmelskönigen ausgegangen wird, unter denen das Reich wuchs, gedieh und glücklich war. Diese stabile Epoche ging in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zu Ende.56
Nach der mündlichen Überlieferung hatte dies mit dem letzten der Himmelskönige zu tun, der nicht auf seine Berater hörte und seinen Sohn ins Exil schickte, wo dessen Hass auf seinen Vater so sehr wuchs, dass er nicht zurückkam, als sein Vater ihn darum bat. So wurde dieser von der Thronfolge ausgeschlossen und in der daraufhin entstandenen Zeit des Interregnums kam eine neue Dynastie an die Macht, die ihre Herrschaft eventuell dadurch legitimieren wollte, indem sie den letzten regulären König in ein schlechtes Licht rückte.57 Das war nötig, denn die neuen Herrscher kamen von außerhalb, wie es selbst die Legende einräumt, in der es klar heißt, dass der neue Herrscher aus Ile-Ife kam, dem mythischen Ursprungsort aller Völker der Yaruba.58
Damit erst begann die Epoche des Königreiches Benin, das sich bis zum Jahr 1897, also etwa 700 Jahre halten sollte. Innerhalb dieses Zeitraums kam es zu verschiedenen Höhepunkten kultureller und politischen Einflusses. Die größte Ausdehnung hatte das Reich im 15. und 16. Jahrhundert, als es bis an den Niger, das Reich der Oyo und Lagos reichte.59 Die Rolle des Königs, Oba, war dabei entscheidend. Diese war zweigeteilt, zum einen war er der weltliche Herrscher, der die Regierungsgeschäfte führte, was u. a. auch hieß, dass er seine Truppen befehligte, zum anderen war er durch seine mystische Herkunft auch ein nahezu sakrales Oberhaupt. Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts konzentrierten sich die Könige mehr und mehr auf diese letzte Funktion und gaben die weltlichen Dinge an Berater und Militärführer ab. Als deren Einfluss stieg und die Position des Königs schwächelte, zerfiel der „bedeutendste Staat des westafrikanischen Waldlands, eindrucksvoll aufgrund seines Reichtums und seiner hochentwickelten Kultur“60, durch Bürgerkriege und sein Einfluss schwand.61
Erst durch die Erneuerung des Königreiches und die damit verbundene Wiederaufnahme der sakralen und weltlichen Macht in der Hand des Königs, konnte das Reich wieder wachsen. Das hatte auch mit dem erfolgreichen Elfenbein und vor allem auch Sklavenhandel zu tun, an dem sich das Königreich lukrativ beteiligte.62 Mit dem Ende des Sklavenhandels setzte erneut eine politische Schwächung des Königs ein, so dass das 19. Jahrhundert wieder durch Bürgerkriege und Gefahren von außen durch neue afrikanische Reiche geprägt war.63
Die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen schlugen sich dabei vor allem auch in der Kunst Benins nieder oder wie es Joseph Ki-Zerbo ausdrückt:
„Die Kunst von Benin […] ist weniger heiter, dafür dynamischer. Man spürt hier einen Hauch von den Palaststreitigkeiten, von den Tumulten des Krieges, aber auch den Widerhall der Jagden und der prunkvollen Erscheinungen der Obas“.64
Abgesehen vom Krieg, zeigt sich, wenn man Ki-Zerbo folgen mag, in der Kunst Benins vor allem das Palastgeschehen. Dieser Zusammenhang ist nicht zufällig entstanden, sondern ist in der Kunst Benins intendiert, bei der es sich nicht um l‘art pour l‘art handelt, sondern um Kunst, die einen Zweck erfüllen sollte. Da die Entwicklung der Region um Benin-Stadt von Anfang an mit der Verarbeitung von Metallen zusammenhing, kann es kaum verwundern, dass diejenigen Handwerker, die sich darauf verstanden, unter besonderem Schutz standen. Da in der Monarchie von Benin dieser Schutz vom König ausging, waren die Künstler im Palast des Königs beschäftigt und arbeiteten dort.65 Organisiert waren die Handwerker in Vereinigungen, denen ein adeliges Mitglied des Hofes vorstand. Das Kunsthandwerk wurde innerhalb der Familien weiter vererbt66. Dabei ging es nicht bloß um das Gießen von Metall zu Bronzestatuen, sondern auch um Elfenbein- oder Holzschnitzereien.
In der Darstellung bleiben die Kunstwerke weitgehend höfisch. Sie zeigen Gedenkköpfe und Darstellungen von Reitern sowie Stühle, Altäre zur Ahnenverehrung, etwa für Könige und Königinmütter, die in Benin eine besondere Rolle spielten, und zu den Altären passende Statuen der jeweils Verehrten.67 Aber auch der Kontakt mit den Europäern zeigt sich in den Statuen, so zeigen Darstellungen aus dem 16. Jahrhundert portugiesischen Einfluss.68
Es versteht sich von alleine, dass in der wechselhaften politischen Geschichte Benins die Abhängigkeit der Kunst vom Oba für einzelne Kunstwerke nicht immer vorteilhaft waren. Die Absetzung eines Königs konnte so zufolge haben, dass dessen Gedenken verändert oder ganz zunichte gemacht wurde.69 Eine solche ganz unterschiedliche Behandlung macht eine Datierung der Kunstwerke aus Benin schwierig, doch besteht eine gewisse Sicherheit darin, die Entstehung der ältesten Kunstwerke in der Zeit zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert anzunehmen, also in die Zeit des politischen Wachstums. In dieser Zeit entstanden vor allem Köpfe mit unterschiedlichen Kopfbedeckungen.70
Mit dem politischen Umbruch im 18. Jahrhundert kam es auch zu einer Veränderung in der Kunst. Nun entstanden die Stühle, Altäre und Königsstatuen.71 Erst im 19. Jahrhundert sind zahlreiche Elfenbeinschnitzereien entstanden, deren älteste jedoch bereits aus dem 18. Jahrhundert stammen, auch wenn es Hinweise gibt, dass bereits Mitte des 15. Jahrhunderts diese Kunst von den Oba gefördert wurde.72 Dieser erneute Umbruch in der Kunst ist wieder mit der Politik verknüpft. Wie genau der Zusammenhang entstand, ist nicht klar, doch zeigt sich eindeutig eine künstlerische Veränderung in Material und Kunsthandwerk, die zeitlich mit dem im 19. Jahrhundert beginnenden Niedergang des Königreichs steht.73
Kunst und Herrschaft gingen in Benin demnach eine enge Beziehung ein, die zudem durch die religiöse Rolle des Königs und der Kunstwerke als Altäre für die Ahnen noch verstärkt wurde. Dieser Zusammenhang bestand auch noch nach der Eroberung des Königreiches Benin im Jahr 1897.
c. Die Eroberung Benins und die Aneignung der Bronzen
Am Beginn dieser Eroberung stand ein Aneignungsprozess, der aber nichts mit den Bronzen zu tun hatte, von denen die Europäer auch kaum eine Ahnung gehabt haben dürften, da sie im Palast aufbewahrt wurden. Für die Briten waren es eher bodenständige Produkte, wie Palmöl, die sie dazu brachten, mit Benin einen Vertrag schließen zu wollen.
Ausgangspunkt dafür war zum einen das 1885 in Berlin geschlossene Abkommen der Europäer zu ihren Besitzungen in Afrika, zum anderen auch der sinkende Einfluss Benins in der Region. Das Vordringen der Briten, nicht zuletzt durch die Inbesitznahme von Lagos, hatte Benin stark geschwächt. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nahmen die Briten immer mehr Land, das vormals im Einflussbereich Benins, etwa durch Tributzahlungen, gestanden hatte, in ihren Besitz. Darüber hinaus förderten sie eine neue Macht in der Region, die Itsekiri, mit denen sie vornehmlich Geschäfte machten.74
Dabei fungierten die Itsekiri nur als Zwischenhändler. Sie kauften Palmöl von Benin und verkauften es weiter an die Briten. Sie probierten die Preise für das Öl zu drücken und gleichzeitig, bessere Verkaufserlöse von den Briten zu bekommen. So verschlechterten sich die Beziehungen zwischen Briten und Itsekiri mit der Zeit und die Briten beschlossen, ihrem Plan, Zwischenhändler auszuschalten, nun mit Nachdruck nachzukommen.75
Dahinter stand jedoch nicht etwa das britische Königreich. Dieses war nur indirekt an diesen Manövern beteiligt. Vielmehr geschah in dieser Region vieles auf Bestrebungen des Kaufmanns Sir George Goldie, dessen Royal Niger Company 1885 mit einer königlichen Charta ausgestattet wurde. Mit dieser verbunden war u. a. zum einen, dass der Kauf von Ländereien im Nigergebiet diese zu Ländern Großbritanniens machte, zum anderen war auch das Führen von Krieg gestattet.76
Im Namen der britischen Krone setzte die Company Verwaltungen ein. Zunächst hatte sie dabei auf die einheimischen Völker gesetzt, die sie im Sinn der indirect rule in ihren Verwaltungsapparat integrierte. Da diese sich aber im Bereich des Niger als zu eigenständig erwiesen, wurde 1893 als Verwalter der Region mit Henry Gallwey der erste Brite zum Vizekonsul des Niger Coast Protectorat erhoben.77 Schon ein Jahr früher hatte er dem Oba von Benin einen Besuch abgestattet und ihn dazu gebracht, einen Vertrag zu unterschreiben, der die Macht des Oba, die trotz aller Einflusseinbußen noch vorhanden war, auf vielerlei Ebenen einschränkte. Neben der Idee der Religionsfreiheit, die die sakrale Macht des Oba beschränkte, war es vor allem die Marktradikalität des Vertrags, die den Oba in seiner Entscheidung stark begrenzte. Kurz: Der Oba unterschrieb, dass er den Engländern unterstand.78
Für den Oba war das Unterschreiben des Vertrags aber keineswegs rechtlich bindend. In der Kultur Benins waren Verträge zwischen verschiedenen Völkern durchaus üblich, aber das Unterschreiben eines Dokuments gehörte nicht zum Besiegeln eines Vertrags. Ohne Austausch von Menschen, Blutbündnis oder Götterbefragung war daher der unterschriebene Vertrag nicht gültig, zumal die Engländer danach wieder verschwanden und es im weiteren Umfeld keinen Repräsentanten gab.79
Der Oba ignorierte deswegen den Vertrag und machte mit seiner Wirtschaftspolitik so weiter wie bisher. Dazu gehörte, dass er Märkte als politisches Druckmittel schloss. Dies war ihm aber durch den Vertrag untersagt worden und so brach Major James Robert Phillips im April 1896 nach Benin auf, um den Oba davon zu überzeugen, sich an den vier Jahre vorher geschlossenen Vertrag zu halten. Wegen religiöser Feierlichkeiten bat der Oba darum, die Reise zu verschieben, doch Phillips setze sich über diesen Wunsch hinweg. Er und seine Leute wurden, ob auf Befehl des Oba oder nicht, ist nicht klar, vor ihrer Ankunft angegriffen und getötet. Nur zwei Briten konnten entkommen.80
Der Tod der Gesandten wurde von den Briten genutzt, um eine Strafexpedition gegen Benin-Stadt durchzuführen, die im Februar 1897 stattfand. Die britische Navy überfiel die Stadt, setzte sie in Brand, vertrieb und töte zahlreiche Menschen und eigneten sich zahlreiche Dinge an. Dazu gehörten natürlich auch die Benin-Bronzen.81
Welche der im ersten Teil dieser Arbeit beschriebenen Aneignungsmentalitäten liegt nun diesem Verhalten zugrunde? Es ist in meinen Augen von der Demütigung des ursprünglichen Besitzers auszugehen.82 Dabei mag auch eine Rolle gespielt haben, dass innerhalb dieser kriegerischen Auseinandersetzung auch die Menschen Benins selber zu Tätern wurden und zahlreiche britische Soldaten verletzten.83 Der Sieg der Briten führte dann zu dem weiter oben skizzierten Verhalten der Demütigung des Verlierers. Dass dabei durchaus ein generelles europäisches Überlegenheitsgefühl gegenüber Afrikanern an die Oberfläche trat, ist im Bereich des Möglichen.84
Dennoch stellt die Strafexpedition keine entgrenzte Gewalt dar, wie sie oftmals im kolonialen Kontext beschrieben wird.85 Dagegen sprechen die überlieferten Protokolle der Gerichtsverhandlungen gegen den Oba, der vor dem Überfall aus Benin-Stadt floh. Aus diesen geht klar hervor, dass man ihm eine Position in der Verwaltung anbot, die der Oba aber nicht annahm.86 Obwohl es bis zum Ersten Weltkrieg üblich war, Gewalt als Mittel gegen die Einheimischen zu nutzen87, war diese eben nicht das einzige Mittel. Den Briten war klar, dass nur eine Einbeziehung der einheimischen Kräfte auf Dauer dazu führen würde, die britische Oberherrschaft anzuerkennen.
Deutlich wird dadurch aber, dass der Aneignungsprozess durch die Überlegenheit der Briten bestimmt war. Dabei ist nicht nur die individuelle Überlegenheit des Siegers über den Besiegten wichtig, der durch die Aneignung noch einmal gedemütigt werden sollte. Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass die weiter oben skizzierte Vorstellung des Afrikaners als jemand, der zur eigenständigen Kunst nicht fähig sei, bei der Übernahme der Benin-Bronzen eine Rolle spielte. Ein Augenzeugenbericht, dessen Autor fünf Wochen in Benin-Stadt zubrachte und seine Eindrücke im Juli 1897 schildert, stellt klar, dass er einige der Benin-Bronzen nicht für genuin (schwarz-)afrikanisch hält:
„In my wanderings about the city I came across many bronzes and plaques which were evidently designed, if not executed, by the ancient Egyptians; many others were of more modern times and bore traces of Portugnese [sic] […]“.88
Durch diese Aussage wird den Menschen von Benin zumindest in Teilen abgesprochen, dass sie in der Lage seien, Kunst eigenständig zu entwerfen und auszuführen. Allman geht davon aus, dass es Beziehungen zu Ägypten gab, die er aber außerstande ist, zu entwerfen. Allman zeigt damit ein kolonial-rassitisches Weltbild.
d. Sammeln, sammeln, sammeln? – Über die Aneignung von Ethnographica
Aus den Kuriositätenkabinetten der frühneuzeitlichen Fürsten entwickelten sich mit der Zeit zahlreiche wissenschaftliche und Kunstmuseen, die bis heute Sammlungen präsentieren. Für die Benin-Bronzen und die Restitution ist dabei aus deutscher Sicht vor allem die ethnologische Sammlung in Berlin von Interesse. Daher soll hier kurz auf deren Geschichte eingegangen werden.89
Maßgeblich verantwortlich für diese ethnologische Sammlung war der erste Direktor des Museums Adolf Bastian. Bastian stammte aus einer Bremer Kaufmannsfamilie, hatte seinen finanziellen Möglichkeiten entsprechend an mehreren deutschen Universitäten unter anderem Rechts- und Naturwissenschaften studiert und wurde zum Arzt promoviert. Diesen Status nutzte er, um als Schiffsarzt an vielen Reisen teilzunehmen, die ihn sowohl in die Karibik als auch nach Australien, Afrika und Indien brachten. Die dort gesammelten Eindrücke verarbeitete er in seinem Buch Der Mensch in der Geschichte, was ihn zu einem der führenden deutschen Ethnologen machte.90
1873 wurde er zum Gründungsdirektor des Berliner Völkerkundemuseums. Bastians Anspruch an das Museum wurde von dessen Zeitgenossen Paul Ruben in die Worte „Sammeln, sammeln, sammeln“91 gefasst. Das Ergebnis war ein Museum, das Ende des 19. Jahrhunderts weit mehr ethnologische Exponate besaß als das British Museum und daher vollkommen überfrachtet war.92 Die Grundidee hinter Bastians Konzept waren in Bezug auf die Idee von Entwicklungsstufen der Menschheit revolutionär: Alle Menschen und ihre Kulturen sind gleich bedeutend! Eine Bewertung nach Entwicklungen gibt es nicht. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, brach er mit einem Konzept, das es in den Vorgängereinrichtungen der ethnologischen Sammlung seines Museums gegeben hatte. War man dort besonders darauf aus gewesen, das Kuriose in Szene zu setzen, das Seltene zu nutzen, um Schrecken oder Amüsement hervorzurufen, so war für Bastian eines klar: Wer in einem Museum tatsächlich ein fremdes Volk kennenlernen wollte, der musste nahezu alles über dieses Volk wissen. So forderte er Reisende auf, nicht mehr nach dem Seltenen zu suchen, sondern Alltagsgegenstände zu sammeln, aber nicht nur in ihrer fertigen Form, sondern auch Beispiele ihrer Herstellung, so dass der Prozess ebenso wie das Produkt ausstellbar gemacht wurde. Grund dafür war der Wunsch, das Fremde nicht mehr als Kuriosität, sondern als gleichwertig mit der eigenen Kultur anzusehen.93
Bastian stand mit dieser Idee nicht alleine, viele Reisende, die Ethnograpica an Museen in Europa schickten, hatten diesen Anspruch einer liberalen Ethnologie, wie es Horst Bredekamp am Beispiel des Kunsthistorikers Aby Warburg zeigt.94 Diesen Menschen koloniale Absichten zu unterstellen, hält Bredekamp schon deswegen für absurd, weil etwa die ethnologische Sammlung Berlin sich weigerte die Bestände des Kolonialmuseums aufzunehmen, nach dem diese 1899 gegründete Einrichtung, die die Kolonialidee populär machen wollte, bereits 15 Jahre später mangels Erfolg wieder schließen musste. Die Bestände wanderten stattdessen nach Stuttgart.95
Allein aber, dass ein Kolonialmuseum existierte, zeigt, dass man sich Ethnographica eben nicht nur zulegte, um dieser liberalen Motivation zu folgen, sondern es auch eine kolonial-rassitische Motivation bei den Direktoren und Mitarbeitern in den europäischen Museen gab, die den Prozess der Aneignung ausblendeten, wenn sie etwa Militärs um Stücke für ihre Sammlungen baten, wie im Falle des Musée d‘Ethnographie du Trocadéro, dessen Mitarbeiter zu Beginn der 1880er Jahre einen Offizier der französischen Armee darum ersuchten, Schädel aus dem Nigertal zu bekommen. Der Offizier kam dieser Bitte 1883 nach.96
e. Die Benin-Bronzen in Europa
Nach der Eroberung von Benin-Stadt kehrten die Soldaten mit den erbeuteten Kunstwerken nach Europa zurück. Einzelne Personen behielten die Bronzen und vererbten sie innerhalb der Familie weiter, wie im Fall von Captain Herbert Walker, dessen Enkel zwei kleinere Bronzen nach Benin zurückgab.97 Die meisten Kunstwerke aus Benin wurden jedoch bereits Ende 1897 in Paris versteigert, um die Kosten für die Strafexpedition zu decken.98 Damit kommt der monetäre Aspekt als weitere Motivation zur Aneignung hinzu. Allerdings muss auch hier noch einmal verdeutlicht werden, dass vor der Strafexpedition kaum etwas über diese Bronzen bekannt war und sie erst durch diese und die anschließende Versteigerung als Kunstwerke in den Fokus der westlichen Welt rückten.99 Es ist daher nicht davon auszugehen, dass vor der Expedition jemand damit gerechnet hatte, die Kosten für die Expedition durch die Beschlagnahme der Bronzen zu kompensieren.
Die Deutschen taten sich beim Kauf der Bronzen besonders hervor.100 In Berlin finden sich etwa 530 Objekte, davon etwa 440 Bronzen, aus Benin, das British Museum besitzt etwa 900 Objekte101, die zum Teil zu späteren Zeiten zurückgeholt wurden.102 Neben den deutschen Museen traten auch private Sammler auf, die recht große Bestände erwarben. Neben dem bereist erwähnten Hans Meyer, der einige der Bronzen später an das Ethnografische Museum von Stockholm abgab, sind vor allem für den den Bestand des British Museums die drei Sammler Harry Beasley, William Oldman und Sir Henry Wellcome zu nennen, die in den 1940er und 1950er Jahren als Spender in Erscheinung traten.103
Aber nicht alle Bronzen, die sich in Europa befinden, sind definitiv der Strafexpedition von 1897 zuzuordnen. Oba Eweka II. erlaubte 1914 den Verkauf von Kunstwerken an die Öffentlichkeit, so dass auch auf diesem legalen Weg Kunstwerke nach Europa gekommen sind.104
Im Zuge der Strafexpedition alleine fanden mehr als 2400 Kunstwerke ihren Weg nach Europa, die allesamt, mit wenigen Ausnahmen, bereits 1901 verkauft waren. Die Preise stiegen dabei stetig an, so dass vor allem das British Museum am Kauf gar nicht interessiert war, wohingegen deutsche Institute sich sowohl dem Wert als auch der künstlerischen Qualität durchaus bewusst waren und trotz der hohen Preise kauften.105
Die Preise, die Verbreitung und nicht zuletzt der Wettbewerb um die Kunstwerke aus Benin führte dazu, dass sich die Meinung zur ägyptischen Herkunft, die Allman vertreten hatte und die zum damaligen Zeitpunkt sehr populär war, dahin gehend änderte, dass man die Werke nun als genuin (schwarz-)afrikanisch betrachtete, ein Eindruck, der durch die Ausstellung der selben verstärkt wurde.106
So konnte Leo Frobenius in seiner Kulturgeschichte Afrikas Werke aus Benin ohne Probleme als gleichrangig mit der Kunst Mesopotamiens darstellen, ohne dass er jene Qualitäten noch besonders herausstellen musste.107
3. Zusammenfassung und Fazit
a. Alles illegal erworben?
Eine pauschale Bewertung der Aneignung von Kunstwerken ist nicht möglich. Sammler verfolgten durch ihr Tun ganz unterschiedliche Ziele und griffen beim Prozess der Aneignung auf ebenso unterschiedliche Methoden zurück. Im Fall der Benin-Bronzen war die Aneigungsmentalität der Menschen vor Ort eine andere als es diejenige der Menschen war, die diese später für ihre Museen und Sammlungen erwarben. Vor Ort ging es um das Zelebrieren des Sieges und das Zurückholen von Kunst, die nicht afrikanisch sein konnte. Der zitierte Augenzeuge Allman bietet ein gutes Beispiel für diese Aneignungsmentalität. Aus Sicht des Europäers ist die Aneignung afrikanischer Kunst gerechtfertigt, weil sie gar nicht von dem jeweiligen Volk selber stammt und daher zurückgeholt werden muss.
In den Museen gab es auf der einen Seiten einen liberalen Anspruch, Kultur als gleichwertig zu zeigen, zum anderen den Anspruch ihre Minderwertigkeit auszustellen. In beiden Fällen griff man jedoch durchaus auf Material zurück, das im Prozess der Aneignung moralisch fragwürdig erworben wurde.
Eine moralisch fragwürdige Aneignung ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einer illegalen Aneignung. Maßgeblich ist natürlich dafür die Rechtstradition, die Anwendung findet. Festzuhalten bleibt jedoch, dass der Raub von Kunst und Eigentum des besiegten Gegners sowohl in Europa als auch in Afrika eine lange Tradition hatte, so dass der kriegerische Vorfall von 1897 in Benin kaum als Beispiel gelten kann. Vielmehr ist es der Kontext, der entscheidet. Wer das koloniale Bestreben Europas sui generis als Unrecht bezeichnet, sieht in der Aneignung der Benin-Bronzen ein Verbrechen, das wiedergutgemacht werden muss. Eine Rückgabe der Bronzen wäre dann absolut nötig.
b. Restitution – Wie man Artefakte zurück gibt
Man könnte aber auch eine andere Perspektive einnehmen, in der die Bronzen nicht als Kulturgut Benins angesehen werden, sondern als eines der ganzen Welt. Durch die Auktion, den Erwerb und das Ausstellen der Bronzen wurden diese berühmt und beeinflussten die Kunst des 20. Jahrhunderts. Ohne ihren Einfluss sähe Kunst, Kunsttheorie und die Museumslandschaft weltweit anders aus.
Bezieht man dann noch den beschriebenen Kontext der Politik mit ein, in dem die Kunst Benins entstand, dann gehört aus einer kunsttheoretischen Sicht der Umgang mit dem Kunstwerk zur Kunst dazu. Das Ende des Königreichs Benin und die Auflösung der sakral-politischen Bedeutung des Oba sorgte dafür, dass die Kunst Benins diesen Kontext verlor. Folgerichtig war die Aneignung durch die Europäer eine Weiterentwicklung des Kunstwerks, die ihm einen neuen Kontext verlieh. Durch die Soldaten und Händler gelangten die Kunstwerke nach Europa und wurden dort musealisiert und zu neuer Kunst.
Unter dieser Prämisse ist ein Zurückgeben gar nicht möglich, denn Kunst gehört, zumindest der Idee, nicht dem materiellen Wert nach, allen. Ein Zurückführen an den Ort der Herkunft würde den Europäern auch einen Teil ihrer Kultur nehmen.
Das Ausstellen der Kunst eröffnet allen Interessierten die Möglichkeit, sich mit den Kunstwerken auseinanderzusetzen. Natürlich kann man anführen, dass das, was in Europa als Kunstwerk gilt, in Afrika als Gebrauchsgegenstand oder als sakrales Objekt gelten könnte und der europäische Umgang mit dem Kunstwerk nicht der eigentlichen Intention des Werkes entspricht.
Da aber nun mal die Veränderung die einzige Konstante in der Geschichte ist, ist es einem Menschen heute, und mag er noch so traditionell und konservativ eingestellt sein, wie er will, gar nicht möglich, einem Kunstwerk, das 1897 nach Europa überführt wurde und davor dreihundert Jahre lang im Palast des Oba einen sakralen Zweck diente, den ursprünglichen Kontext zurückzugeben. Die Vergangenheit ist vergangen, die Rückgabe wird daran nichts ändern.
4. Quellen und Literaturverzeichnis
a. Quellen
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https://www.frobenius-institut.de/institut/geschichte (5. September 2020).
https://www.itigefo.de/2020/02/22/zurueckgegeben-ueber-die-restitutionsdebatte-in-europaeischen-museen/ (13. September 2020).
1„Das erste Mittel ist die Kultur. In diesem Bereich kann ich nicht akzeptieren, dass ein großer Teil des kulturellen Erbes mehrerer afrikanischer Länder in Frankreich liegt. Es gibt historische Erklärungen dafür, aber es gibt keine gültige, dauerhafte und bedingungslose Rechtfertigung. Das afrikanische Erbe kann nicht nur in Privatsammlungen und europäischen Museen vorhanden sein. Das afrikanische Erbe muss in Paris hervorgehoben werden, aber auch in Dakar, Lagos, Cotonou, dies wird eine meiner Prioritäten sein. Ich möchte, dass die Bedingungen für die vorübergehende oder endgültige Rückgabe des afrikanischen Erbes in Afrika innerhalb von fünf Jahren erfüllt sind.“ (Übersetzt durch Google Translator) https://www.elysee.fr/emmanuel-macron/2017/11/28/discours-demmanuel-macron-a-luniversite-de-ouagadougou (24. August 2020)
2Vgl.: Habermas, Rebekka: Restitutionsdebatten, koloniale Aphasie und die Frage, was Europa ausmacht, in: ApuZ 40-42/2019, S. 18.
3Vgl.: Ebenda, S. 17.
4Vgl: https://news.artnet.com/art-world/black-panther-museum-heist-restitution-1233278 (24. August 2020).
5Hegel, Georg Friedrich Wilhelm: Die Vernunft in der Geschichte. Einleitung in die Philosophie der Weltgeschichte, hrsg. von Georg Lasson (=Der Philosophischen Bibliothek Band 171a), Leipzig 1917, S. 204-205.
6Vgl.: Ebd., S. 205.
7Vgl.: Ebd., S. 204.
8Ebd., S. 224.
9Vgl.: Reimann, Sarah: Die Entstehung des wissenschaftlichen Rassismus im 18. Jahrhundert, Stuttgart 2017, S. 174-175.
10Vgl.: Ebd., S. 243-244.
11Vgl.: Ebd., S. 87, zur Bedeutung der Reiseliteratur, S. 49-53.
12Vgl.: Fauvelle, François-Xavier: Das Goldene Rhinozeros, München 2017, S. 153.
13Vgl.: Haggard, Henry Rider: Sie, Frankfurt, 2010.
14Freundlich, Otto: Zur Nationalisierung des Geistes, zit. Nach: Otterbeck, Christoph: Konjunkturen des Exotismus. Zur Rezeption der Fernreisen deutscher Künstler der Jahre 1900 bis 1914, in: Arnhold, Hermann: Orte der Sehnsucht. Mit Künstlern auf Reisen, Regensburg 2008, S. 60.
15Vgl.: Behn, Fritz: „Haizuru…“. Ein Bildhauer in Afrika, München 1917, S. 252, zitiert nach: Zeller, Joachim: Kunst und Kolonialismus. Das Afrikabild des Bildhauers Fritz Behn, in: Denzel, Markus A. u.a.: Jahrbuch für Überseegeschichte 16, Wiesbaden 2016, S.139.
16Vgl.: Otterbeck, Christoph: Europa verlassen. Künstlerreisen am Beginn des 20. Jahrhunderts, Köln u.a. 2007, S. 42.
17Frobenius, Leo: Kulturgeschichte Afrikas. Prolegomena zu einer historischen Gestaltlehre, Wuppertal 21998, S. 12.
18Vgl.: Frobenius, Kulturgeschichte.
19Vgl.: Einstein, Carl: Negerplastik, hrsg. von Friederike Schmidt-Möbius, Stuttgart 2012.
20Vgl.: Schmidt-Möbius, Friederike: Nachwort, in: Einstein, Negerplastik, S. 155.
21Vgf.: Ebd, S. 156.
22Vgl.: Ebd., S: 157.
23Vgl.: Otterbeck, Künstlerreisen, S. 47.
24Vgl.: Schmidt-Möbius, Nachwort, S. 156.
25Zit. nach: Ebd. S. 160.
26Vgl.: Einstein, Negerplastik, S. 15ff.
27Vgl.: Schmidt-Möbius, Nachwort, S. 158. Die Autorin führt in ihrer Liste der Orte sowohl Zaire als auch Belgisch-Kongo auf.
28Vgl.: Streck, Bernhard: Frobenius, Leo, in: Hiery, Hermann: Lexikon zur Überseegeschichte, Stuttgart 2015, S. 280.
29https://www.frobenius-institut.de/institut/geschichte (5. September 2020).
30Vgl.: http://www.weltkulturenmuseum.de/de/museum/geschichte/ (5. September 2020).
31Vgl.: Bedorf, Franziska/Östberg, Wilhelm: Benin für einen Nordstern – Hans Meyers Schenkung an das Ethnografische Museum in Stockholm zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in: Jahrbuch der staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen XLVI, hrsg. von Claus Deimel, Berlin 2013, S. 49-60.
32Dieser Prozess des Einsammelns ist streng genommen friedlich, auch wenn er durch eine kriegerische Aktion erst ermöglicht wurde.
33Die Entdeckung und Eroberung der Welt. Dokumente und Berichte, Bd. 1 Amerika, Afrika, hg. v. Urs Bitterli, München 1980, S. 187. Der Vollständigkeit halber sei hier angemerkt, dass de Azuara auch davon ausging, Güter nach Portugal importieren zu können, das spielte aber eine eher untergeordnete Rolle.
34Reinhard, Wolfgang: Die Unterwerfung der Welt. Globalgeschichte der europäischen Expansion 1415 – 2015, München 2016, S. 903.
35Vgl.: Ebd, S. 917.
36Vgl.: Iliffe, John: Geschichte Afrikas, München ²2000, S. 209.
37Vgl.: Ebd.
38Vgl.: Reinhard: Unterwerfung, S. 917.
39Vgl.: Marx, Christoph: Geschichte Afrikas. Von 1800 bis zur Gegenwart, Paderborn 2004, S. 123.
40Vgl.: Reinhard: Unterwerfung, S. 917.
41Vgl.: Ebd. 917 und 920 f.
42Vgl.: Ebd. 919.
43Vgl.: Ebd. 918.
44Vgl.: Speitkamp, Winfried: Kleine Geschichte Afrikas, Stuttgart 2009, S. 202.
45Vgl.: Marx: Afrika, S,123.
46Vgl.: Reinhard: Unterwerfung, S. 919; Iliffe: Afrika, S. 211.
47Vgl.: Iliffe, Afrika, S. 211.
48Vgl.: Reinhard: Unterwerfung, S. 919.
49Vgl.: Speitkamp: Afrika, S. 199 f.
50Vgl.: Ebd. S. 199 u. 204.
51Vgl.: Reinhard, S. 918.
52Vgl.: Marx: Afrika, S. 123.
53Vgl.: Speitkamp: Afrika, S. 199-201.
54Und zum Teil schon einige Jahre vorher, wie etwa in Sierra Leone, vgl.: Iliffe: Afrika, S. 209.
55Vgl.: Speitkamp: Afrika, S. 203f.
56Vgl.: Sonderegger, Arno: Kurze Geschichte des Alten Afrika. Von den Anfängen bis 1600, Wiesbaden 2017, S. 182-184.
57Vgl.: Harding, Leonard: Das Königreich Benin. Geschichte-Kultur-Wirtschaft, München 2010, S. 64f.
58Vgl.: Sonderegger: Afrika, S: 185.
59Vgl.: Ebd.
60Iliffe: Afrika, S. 106.
61Vgl.: Harding: Benin, S. 215-220.
62Vgl.: Ebd., S. 222. Speitkamp geht davon aus, dass im 18. Jahrhundert der Sklavenhandel enorm zunahm und auf 6133 000 Menschen stieg, im Jahrhundert davor waren es nur 1 868 000, vgl.: Speitkamp: Afrika, S.109.
63Vgl.: Harding: Benin, S. 227-231.
64Ki-Zerbo, Joseph: Die Geschichte Schwarzafrikas, Frankfurt 1981, S. 169.
65Vgl.: Iliffe: Afrika, S. 106
66Vgl.: Ebd. und S. 114.
67Vgl.: Harding: Benin, S. 210.
68Vgl.: Ananwa, Chika Joseph: Internationalisation of Benin Art Works, in: Journal ofHumanity, Vol. 2, No. 1, July 2014, S. 44.
69Vgl.: Harding: Benin, S. 211.
70Vgl.: Ebd.
71Vgl.: Ebd., S. 210.
72Vgl.: Ebd., S. 213.
73Vgl.: Ebd., S. 225-234.
74Vgl.: Ebd., S. 232f.
75Vgl.: Ebd., S. 235.
76Vgl.. Ebd., S. 232; Marx: Afrika, S. 124.
77Vgl.: Harding: Benin, S. 234f.
78Vgl.: Ebd., S. 235f.
79Vgl.: Ebd., S. 236f.
80Vgl.: Ebd., S. 237.
81Vgl.: Ebd.; Sarr, Felwine/ Savoy, Bénédicte: Zurückgeben. Über die Restitution afrikanischer Kulturgüter, Berlin 2019, Teil I, Kap. 2, Absatz 4.
82Das zeigen deutlich die Bilder, auf denen die Soldaten mit den eroberten Kunstwerken posieren, vgl. z.B.: https://www.britishmuseum.org/about-us/british-museum-story/objects-news/benin-bronzes (19. September 2020).
83Vgl.: Allman, R. [Initiale nicht auflösbar]: With the Punitive Expedition to Benin City, in: The Lancet, July 2, 1897, S. 43-44; The Sick and Wounded from Benin, in: British Medical Journal, March 27 1897, 1 (1891) S. 817.
84Vgl.: Karch, Daniel: „… selbst wenn wir sie dabei auslöschen.“ Entgrenzte Gewalt in der kolonialen Perspektive, in: Jahrbuch für Europäische Überseegeschichte 10, hrsg. von Markus A. Denzel, Wiesbaden 2011, S. 105.
85Vgl.: Ebd., S: 108-111.
86Vgl.: Harding: Benin, Dok. 14.
87Vgl.: Marx: Afrika, S. 135 und S. 138.
88Allman: Expedition, S. 44.
89Der Abschnitt über Adolf Bastian ist mit einigen Kürzungen und Änderungen einem Blogeintrag entnommen, den ich auf meiner Homepage veröffentlicht habe: https://www.itigefo.de/2020/02/22/zurueckgegeben-ueber-die-restitutionsdebatte-in-europaeischen-museen/ (13. September 2020). Grundlage dafür war ein von mir gehaltener Vortrag bei der Bergischen VHS im Februar 2020.
90Vgl.: Henze, Dietmar: Bastian, Adolf, in: ders.: Enzyklopädie der Entdecker und Erforscher der Erde, Bd. 1, Darmstadt 2011, S. 191f.; Bredekamp, Horst: Aby Warburg, der Indianer, Berlin 2019, S. 73f.
91Zitiert nach: Bredekamp: Warburg, S. 72f.
92Vgl.: Ebd.: S. 63f.
93Vgl.: Ebd.: S. 71f.
94Vgl.: Ebd., besonders S. 14f., 43-48, 63-75.
95Vgl.: Ebd.: S. 74f.
96Vgl.: Sarr/ Savoy: Zurückgeben, Teil III, Kap. 5, Absatz 2.
97Vgl.: Otzen, Ellen: The man who returned his grandfather’s looted art, in: https://www.bbc.com/news/magazine-31605284 (19. September 2020).
98Vgl.: Ananwa: Internationalisation, S. 48.
99So formulierte etwa Christian Feest, damaliger Direktor des ethnologischen Museum Wien, in seinem Vortrag Observations on the restitution of cultural property in a global perspective 2007: „The military act seems unjustifiable, however, we must reconize the role it played in bringing these works of art to far broader attention“, zit. n.: Ananwa: Internationalisation, S. 42.
100Vgl.: Ebd. S. 48.
101Vgl.: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/zur-herkunft-der-umstrittenen-benin-bronzen-16182906.html (19. September 2020); https://www.britishmuseum.org/about-us/british-museum-story/objects-news/benin-bronzes (19. September 2020).
102Vgl.: Ananwa: Internationalisation, S. 48.
103Vgl.: https://www.britishmuseum.org/about-us/british-museum-story/objects-news/benin-bronzes (19. September 2020).
104Vgl.: Ananwa: Internationalisation, S. 43.
105Vgl.: Nevadomsky, Joseph/Putova, Barbora/Soukup, Vaclav: Benin Art and Casting Technologies, in: West Bohemian History Journal 1/2014, S. 76-79.
106Vgl.: Ebd. S. 80.
107Vgl.: Frobenius: Kulturgeschichte, S. 168f.