(Vortrag bei der Bergischen VHS am 20. September 2019)
I. Begriffe
Ich möchte an diesen Vortrag über die Geschichte des Kongos in Zentralafrika mit dem Zitat des chinesischen Philosophen Konfozius beginnen. Diese schrieb bereits zu seiner Zeit:
„Der Edle ist vorsichtig und zurückhaltend, wenn es um Dinge geht, die er nicht kennt. Stimmen die Namen und Begriffe nicht, so ist die Sprache konfus. Ist die Sprache konfus, so entstehen Unordnung und Misserfolg. Gibt es Unordnung und Misserfolg, so geraten Anstand und gute Sitten in Verfall. Sind Anstand und gute Sitten in Frage gestellt, so gibt es keine gerechten Strafe mehr. Gibt es keine gerechten Strafe mehr, dann weiß das Volk nicht, was es tun und was es lassen soll. Darum muss der Edle die Begriffe und Namen korrekt benutzen und auch richtig danach handeln können. Er geht mit seinen Worten niemals leichtfertig um.“
Was er uns damit sagen will, ist simpel: Erst bestimmen wir, wo von wir reden, und dann reden darüber. In Fall dieses Vortrags sind es zwei Begriffe, die geklärt werden müssen. Zum einen der Begriff „Kongo“, zum anderen der Begriff „vorkolonial“.
Ich möchte mit dem zweiten begriff beginnen. Das Wort Kolonie kommt vom lateinsichen Wort colonia. Darin spiegelt sich ein besonderes Stadtrecht für Siedlungen des römischen Reichs außerhalb Italiens wieder. Die bekannteste dieser Siedlungen in Deutschland dürfte Köln sein, die Stadt, die das colonia bis heute im Namen trägt.
Wer an das römische Reich denkt, der denkt unweigerlich an die Antike und auch daran, dass das Imperium Romanum den gesamten Mittelmeerraum beherrschte. Dazu gehört auch Afrika! Auch dort gab es Kolonien, doch die wenigsten waren römischen Ursprungs. Denn die griechische Kultur beschränkte sich nicht nur auf die Peloponnes oder auf Mazedonien, sondern sie war auch Teil dessen, was wir heute als Türkei bezeichnen, und auch in Nordafrika bauten die Griechen Kolonien auf. Die bekannteste dieser Kolonien dürfte Alexandria gewesen sein, bei der es sich aber um eine sehr späte Gründung handelt. Vor allem an der Nordwestküste Ägyptens breiteten sich die Griechen aus. Apollonia oder Kyrene sind nur zwei der Städte, die die Griechen dort gründeten. Am Ufer des Nils kam noch Naukratis hinzu.
Bedeutender für die Geschichte Afrikas sind die Gründungen der Phönizier. Die punischen Kriege des römischen Reiches gegen Karthago und seine Nachbarregionen gehören heute zum Bildungskanon des Abendlandes. Wie afrikanisch diese Kolonien tatsächlich waren, zeigt sich an der Figur des Hannibal, der mit Elefanten 216 vor Christus über die Alpen zog und Rom in arge Bedrängnis brachte. Überhaupt spielten Karthago und die Phönizier für die Geschichtsschreibung Afrikas eine nicht ganz unbedeutende Rolle. So soll es um das Jahr 600 herum im Auftrag des ägyptischen Pharaos Necho einigen phönizischen Seeleuten gelungen sein, den gesamten afrikanischen Kontinent zu umrunden. Für diese Reise benötigen die Seeleute zwei bis drei Jahre. Eine Rekonstruktion der Reise lässt diese im Norden des Roten Meeres Ende November beginnen. Ende Mai erreichte die Expedition das Kap der guten Hoffnung in Südafrika, wo die Mannschaften überwinterten, bevor sie Anfang Dezember erneut in See stachen, um schließlich gegen Ende November in Marokko zu landen. Während dieser Bericht einzig auf einer kurzen Erwähnung bei Herodot beruht, ist ein weiterer Versuch von Nordafrika aus über See ins südliche Afrika vorzudringen durch die Phönizier überliefert. In der Mitte des fünften vorchristlichen Jahrhunderts probierte der phönizische Admiral Hanno die Gründung einer neuen Kolonie an der Küste von Guinea und schrieb darüber einen überlieferten Bericht.
Die Idee afrikanischer Kolonien ist demnach schon sehr alt. Dennoch möchte ich in diesem Vortrag keine Geschichte des Kongos vor der Antike erzählen, auch wenn diese Zeit auch vorkommt. Wer heute von Kolonie in Afrika spricht, der spricht von dem 19. Jahrhundert, als die Europäer systematisch den afrikanischen Kontinent aufteilten – etwa auf der Kongo-Konferenz in Berlin 1884/85. In diesem Vortrag bleiben wir einfach vor dem Jahr 1800 stehen und schauen, was in dieser Zeit im Kongo passiert ist. Dazu gibt es archäologische und textliche Zeugnisse, denn ab 1500 sind bereits Europäer an der Kongo-Mündung angekommen und schreiben auf, was sie erfahren und beobachten, etwa der Portugiese Luís de Camões. Er ist zwar kein Seefahrer, aber er schreibt im 16. Jahrhundert mit den Luisaden das portugiesische Nationalepos, in dem es im Prinzip darum geht, den glorreichen Weg der Portugiesen nach Asien zu literarisieren. Im fünften Gesang heißt es:
„Dort liegt der Kongo, dessen großes Land // Wir längst bekehrten zu dem Glauben Christi, // Wo der Zaire fließt, so klar und lang, // Ein Fluss, den bei den Alten man vermisste.“
De Camões spielt mit diesen Worten auf das Königreich Kongo an, das erstmals durch den portugiesischen Entdecker Diogo Cão in den Schriften bezeugt wird. 1482 kam Cão an die Mündung des Kongo und hörte von dem so genannten Manikongo, einem bedeutenden Herrscher dieses Gebiets. Cão schickte einige seiner Männer aus, um den Herrscher aufzusuchen, und nahm ebenfalls Gesandte mit nach Portugal. Ein Jahr später etwa wurde der Tausch wieder rückgängig gemacht. Damit war ein stetiger Handel mit dem Königreich Kongo eingeleitet, der schon kurze Zeit später dazu führte das der Manikongo, Nzinga Nkuwu, 1490 das Christentum als seine Religion annahm. Sein Sohn wechselte seinen Namen von Nzinga Mpangu in Alphonso I. und nannte seinen eigenen Sohn Henrique. Aus diesem sollte der erste afrikanische Bischof der katholischen Kirche werden. Don Alfonso teilte seinem Bruderkönig in Portugal sogar mit, wie viele Kongolesen den rechten, christlichen Glauben angenommen hätten. In diesem kurzen Abriss zeigt sich, dass hier keine Kolonie aufgebaut wurde, sondern lediglich ein Handelsstützpunkt. Es gab also einen portugiesischen Einfluss, aber eben keine Kolonie, dafür war das Königreich Kongo schlicht zu eigenständig – aber dazu später mehr.
Der zweite Begriff, der definiert werden soll ist der Name „Kongo“, denn dahinter verbirgt sich mehr als man meinen mag. Schaut man sich eine politische Karte Afrikas heute an, erkennt man, dass es gleich zwei Länder gibt, die den Namen Kongo tragen. Das eine ist die Republik Kongo, oder Kongo-Brazzaville, das andere die Demokratische Republik Kongo, oder Kongo-Kinshasa. Das letzte Land ist das größere von beiden und das Land, von dem man spricht, wenn man vom Kongo spricht. Kongo-Brazzaville war eine französische Kolonie, die durch einen Italiener erschlossen und erobert wurde, eben jenen Herrn Brazza, Kongo-Kinshasa aber war Belgisch. Bis in das späte 19. Jahrhundert wussten die Europäer über dieses Gebiet jenseits der Kongomündung nichts, was sich an den Karten des 19. Jahrhunderts zeigt, in denen das Gebiet des heutigen Kongo als unerforschter weißer Fleck dargestellt wird. Dieser Fleck faszinierte die Europäer. Der große Schriftsteller Joseph Conrad beschloss als Kind dorthin aufzubrechen, David Livingston machte sich auf den Weg dorthin und galt als verschollen, bis Henry Morgan Stanley ihn wiederfand.
Der Name Stanley ist unmittelbar mit dem Gebiet des heutigen Kongo verbunden. Er war es, der den seltsamen Verlauf des Kongo nicht nur für die Europäer herausfand, weil sich niemand vorstellen konnte, dass der Fluss von seiner Quelle aus erst nach Norden verläuft, dort nach Südwesten abbiegt, um dann erneut recht gerade nach Westen zu verlaufen und so den Äquator zweimal überschreitet – was kein anderer Fluss der Welt tut.
Stanley entdeckte für Europa den Kongo und ließ den weißen Fleck verschwinden. Er entwickelte die Idee eines Freistaats und machte dafür soviel Werbung, dass der belgische König Leopold II. sich dafür begeistern konnte. Während in anderen Teilen Afrikas der europäische Nationalismus in Form der Koloniegründung seinen Weg bahnte, sollte der Kongo zu einem Ort werden, der für alle europäischen Nationen offen stand – um dort Handel zu treiben. Damit sich alle Europäer einigen konnten, ohne dass weiterhin europäisches Blut vergossen wurde, lud der deutsche Kanzler Otto von Bismarck 1884 zur Kongo-Konferenz nach Berlin ein. Sie tagte mehrere Monate und im Frühjahr 1885 war Afrika unter den europäischen Nationen aufgeteilt. Afrikanische Vertreter nahmen an dieser Konferenz nicht teil.
Das wichtigste Ergebnis dieser Konferenz war die Festsetzung des Gebietes des Kongo. Das Land, dessen Umfang weiter oben beschrieben ist, wurde damals erschaffen und existiert mit kleineren Veränderungen im Kern noch heute. Keiner Nation unterstand dieses Gebiet, es war zum Privateigentum Leopold II. geworden, der sich zum Kämpfer gegen den Sklavenhandel erklärte, um dieses Privileg zu bekommen. Gemeint ist damit der Sklavenhandel, der von Sansibar aus nach Arabien ging, und der bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, lange nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs, noch weiterging.
Die Argumentation des belgischen Königs funktionierte. Und so wurde ihm ein Gebiet zugesprochen, das so groß war wie halb Europa. Kaum einer hatte bei der Konferenz zudem bemerkt, dass der König auf der Karte einfach das Grenzgebiet noch ein wenig weiter nach Süden verschob und Katanga, das eigentlich gar nicht zum Freistaat gehören sollte, gleich mit dazu zählte. Das konnte passieren, weil hier der Sultan von Sansibar Vorrechte hatte, die zwar durch die Briten in Berlin vorgeblich geschützt wurden, aber leider ohne große Ahnung.
Und genau um dieses Gebiet soll es gehen, wenn ich von Kongo spreche. Mir ist dabei bewusst, dass sich die Katze hier in den Schwanz beißt, denn ich referiere über die vorkoloniale Geschichte eines Gebietes, das ohne Kolonie niemals als Gebiet entstanden wäre. Aber diese Ambivalenz müssen wir aushalten.
II. Vorgeschichten
Was wissen wir über die Geschichte dieses Gebiets, das man Kongo nennt? Ich erspare uns jetzt die Geschichte der Menschehit, die ja bekanntlich in Afrika beginnt und fange einfach mit einer Episode an, die sich im Jahr 2229 v. Chr. Zugetragen hat. Woher wir das so genau wissen? Dank der Aufzeichnungen von Menschen, die zu diesem Zeitpunkt zum einen schreiben konnten und zum anderen in Afrika waren: Die Ägypter.
Das erste Volk des Kongo, das es in diese Quellen schaffte, waren die Pygmäen. Das merkt man nicht nur an dem Begriff selber, der ein aus dem griechischen abgeleitetes Fremdwort ist, was so viel wie Fäustling bedeutet und sich eben auf die Körpergröße bezieht.
Der Begriff Volk ist eigentlich falsch. Es ist lediglich eine didaktische Vereinfachung, denn unter den Begriff Pygmäen fallen viele Völker mit sehr unterschiedlichen Kulturen und Vorstellungen. Ihnen gemein ist einzig ihre geringe Körpergröße. Die Heimat der Pygmäen ist in der Antike nicht klar definiert, sie wohnen entweder in Afrika oder in Asien. Die Vorstellung eines Volkes von Kleinwüchsigen geht aber wohl auf die Ägypter zurück. Aus dem Alten Reich zur Zeit des Pharaos Pepi II., der als Kindkönig im Jahre 2229 v. Chr. auf den Thron gelangt war, ist ein Brief des jungen Königs an den ägyptischen Nubien-Reisenden Horchuf überliefert:
„Komm unverzüglich zurück zur Residenz! Eile und bringe mir diesen Zwerg, den du lebend, gesund und heil aus dem Land der Geister geholt hast, für die Tänze Gottes und für die Belustigung und zur Unterhaltung des Königs von Ober- und Unterägypten, der ewig lebt. Wenn er mit dir zu Schiff herkommen wird, so stelle gute Leute an, die bei ihm sein sollen zu beiden Seiten des Schiffs, um zu verhüten, daß er ins Wasser fällt! Wenn er nachts schläft, nimm dir verläßliche Leute, die hinter ihm in seinem Zelt (auf dem Deck) schlafen. Schaue zehnmal des Nachts nach! Diesen Zwerg wünscht Meine Majestät lieber zu sehen als die Gaben des Sinai und die von Punt.“
Das Land der Geister ist das Land jenseits des Bekannten. Von dort wo der Nil als Weißer Nil entspringt, ist es nicht weit bis zu zwei nördlichen Nebenflüssen des Kongo, dem Ubangi und dem Lindi. Dorthin war Horchuf aufgebrochen. Und so kam wohl die Legende von den Fäustlingen in die Antike Welt, die von Homer und Strabon aufgenommen und weitererzählt wurde. Seit dem 19. Jahrhundert wurde der griechische Begriff, der auf eine altägyptische Quelle zurückgeht, von Europäern in latinisierter Form für die kleinwüchsige Bevölkerung Zentralafrikas verwendet. So schließt sich der Kreis.
Abgesehen von den Pygmäen finden sich auch noch andere Menschen im Kongo wieder. Diese kamen dort vor etwa 3000 Jahren an. Es geht hier um die Bantu-Wanderungen. Diese Wanderung vollzog sich im Prinzip in zwei großen Stadien. Ihren Ursprung hatte diese Wanderungsbewegung im senegalesischen Hochland. Von dort aus zogen vor etwa 5000 Jahren zwei Gruppen los. Die eine wanderte die Küste entlang, die zweite Gruppe wanderte in den Bereich der großen Seen im Ostkongo. Veränderte Umweltbedingungen führten dazu, dass die Gruppen weiter wanderten. Vor 3000 Jahren entstand so die zweite Wanderungsbewegung der Bantu-Völker vom Osten des Kongo aus in das südliche Afrika.
In beiden Fällen brachten die Bantu neben ihrer Sprache auch neue Techniken, etwa die Zucht und Verarbeitung der Yamswurzel und die Metallverarbeitung mit. Aber auch die typischen Trommeln, die bis heute als das Musikinstrument Afrikas gelten, gehen auf die Bantu-Völker zurück.
Die fortschrittliche kulturelle Entwicklung der Bantu sorgte nicht nur für eine Übernahme ihrer Sprache, sondern auch für die Einführung autoritärer Gesellschaftsmodelle, an deren Spitze ein sogenannter Big Man stand. Auch der Ahnenkult scheint, nach allem, was wir wissen, auf die Bantu zurückzugehen und ist sprachlich und kulturell mit der Idee des autoritären Gesellschaftsmodells verbunden.
Die Entwicklung machte aber nicht mit den Bantu Halt. Arabische Händler brachten aus Indien eine Frucht nach Afrika, die die Landwirtschaft Zentral- und Ostafrikas bis heute prägt: Die Kochbanane. Sie war für die Landwirtschaft des Kongo revolutionär. Die bis dahin angebaute Yams-Wurzel rangierte durch die Kochbanane nur noch auf Platz 2 der Nahrungsmittel.
III. Gewässer
Bevor wir uns dem Leben in den Gesellschaften widmen, die sich im Kongo niederließen und die Region bevölkerten, soll hier kurz ein Blick auf den Fluss geworfen werden, der gleich zwei Ländern den Namen gab. Sie wissen eventuell, dass bis in die 1990er Jahre hinein, das Land, um das es in diesem Vortrag geht, Zaire hieß. Wie kam das?
Als Mobutu auf die Idee verfiel, den Kongo zu afrikanisieren, änderte er auch den Namen des Landes und des Flusses in Zaire – in der irrigen Annahme dies sei der älteste, ja der ursprünglich afrikanische Name. Was ihm dabei entging, war, dass es sich bei diesem Begriff, um eine portugiesische Version, eventuell sogar eine Verballhornung eines tatsächlichen Wortes aus der Sprache der Kikongo handelte, ein Wort, das nach linguistischer Rekonstruktion nzadi oder nzere heißt und eine Bedeutung trägt, die den Kongo sehr gut beschreibt: Der Fluss, der alle Flüsse schluckt. Ein Blick auf eine Karte zeigt dies recht deutlich. Bevor sich der Kongo mit ungeheurer Kraft in den Atlantik drückt, wird er mit Wasser aus zwanzig Flüssen direkt gespeist. Diese Flüsse besitzen alringt, fanden sich die Luba. Ihre Nachbarn, die am Kassai, einem Nebenfluss des Kongo, ihr Territorium aufgebaut hatten, waren die Lunda. Nordwestlich davon wohnte das Volk der Kuba, die nichts mit der karibischen Insel zu tun haben. Im Mündungsgebiet des Kongo schließlich befanden sich die Yaka, die Kakongo, die Teke, die Ngoyo und ein Volk, das den Namen des Flusses angenommen hatte. le noch Nebenflüsse, von denen der bekannteste Wohl der Ebola ist, eben jener Fluss, an dem in den 1970er Jahren das erste Mal das tödliche Virus entdeckt wurde, das heute bekannter ist als der Fluss selbst.
Entlang dieses Flusssystems hatten sich im Laufe der Zeit zahlreiche Völker niedergelassen und eigene Reiche gebildet. In Katanga, dort, wo der Kongo als Lualaba entspringt, fanden sich die Luba. Ihre Nachbarn, die am Kassai, einem Nebenfluss des Kongo, ihr Territorium aufgebaut hatten, waren die Lunda. Nordwestlich davon wohnte das Volk der Kuba, die nichts mit der karibischen Insel zu tun haben. Im Mündungsgebiet des Kongo schließlich befanden sich die Yaka, die Kakongo, die Teke, die Ngoyo und ein Volk, das den Namen des Flusses angenommen hatte.
Und weil dieser Fluss so groß und bedeuten ist und an einigen Stellen eine Breite aufweist, die etwa der Schwebebahnstrecke von Oberbarmen nach Vohwinkel entspricht, muss es in diesem Gewässer auch ein Tier geben, das bisher nicht nachzuweisen ist, aber so groß ist, das es den Fluss stoppen kann. Zumindest ist das die Übersetzung seines Namens: Mokele-Mbembe.
Die ersten Hinweise auf dieses Wesen finden sich in einem europäischen Reisebericht des 18. Jahrhundert. Der französische Missionar Lievin Bonaventure Proyart schrieb 1766:
„Die Missionare beobachteten, während sie einen Wald entlang gingen, die Spur eines Tieres, das sie nicht sahen; aber das muss ungeheuerlich sein: Die Spuren seiner Klauen sind auf der Erde zu sehen und bilden einen Abdruck von etwa drei Fuß Umfang. Bei der Untersuchung der Anordnung seiner Schritte wurde erkannt, dass seine Beine seine Beine einen Abstand von sieben oder acht Fuß voneinander haben.“
Nun gibt es in den Berichten von missionierenden Männern seit dem Beginn des des Mittelalters immer wieder Hinweise, dass diese gegen Ungeheuer antreten mussten, angefangen beim Heiligen Columban am Loch Ness, doch natürlich passt ein solches Wesen sehr gut in diesen gigantischen Fluss. So ist es auch kein Wunder, dass die Spuren des Ungeheuers eben nicht nur in der Demokratischen Republik Kongo zu finden sind, sondern auch in der Republik Kongo und auch noch im Kamerun. Die wildesten Idee, wohl angeregt durch die fantastische Literatur des 19. Jahrhunderts, spiegeln sich in der Geschichte des Mokele-Mbembe wieder. So soll es sich um einen Dinosaurier handeln und man denkt unweigerlich an die Vergessene Welt des Professor George Challengers aus dem gleichnamigen Roman von Arthus Conan Doyle, auch wenn dieser Roman in Südamerika spielt.
IV. Kulturen
Vergessen war die Welt im Kongo, in diesem weißen Fleck auf dem Globus, aber keineswegs. Im Gegenteil: Gleich drei Reiche hatten sich im Südosten der heutigen Demokratischen Republik Kongo gebildet. Das älteste von ihnen war das Reich der Luba, das sich irgendwann im 6. Jahrhundert gründete. Von diesem Reich ältesten Reich finden sich nur Spuren in einer Stadt namens Senga, die dabei nicht einmal in das Kerngebiet der Luba gehörte, sondern erst später von ihnen erobert wurde.
In Senga aber gibt es einen jahrhundertealten Friedhof, der eine Fundgrube für Archäologen ist. In diesen Gräbern fanden Archäologen bereits in den 1970er Jahren unzählige Knochen, die sich datieren ließen. Neben den Knochen fanden sich zudem reiche Grabbeigaben. All das erlaubt es uns, die Geschichte Sengas über neun Jahrhunderte nachzuvollziehen.
Die älteste Epoche hat den Namen Kamilambia. Was war da nun passiert? Der Ort Senga liegt am Upembasee nördlich von Katanga, etwa 500 km westlich des Tanganyikasee, der heute die Grenze zwischen dem Kongo und Uganda bildet.
Dort ließen sich im 6. Jahrhundert Angehörige der Bantu nieder und begannen das Fischen. Dabei waren sie recht erfolgreich und waren in der Lage den Fisch nicht nur für den eigene Bedarf zu fangen, sondern ihn auch in der näheren Umgebung zu verkaufen. Dabei setzten sie nicht auf frischen Fisch, sondern auf den Handel mit getrocknetem Fisch. Außerdem waren sie auch in der Lage, Palmöl zu produzieren. Diese erste Phase in Senga dauerte etwa 200 Jahre an.
Ab dem 8. Jahrhundert schließt sich die Epoche von Alt-Kisalia an. Die Archäologen fanden in diesen Gräbern Kupferäxte. Solche Waffen sind oft ein Zeichen für eine starke, autoritäre Herrschaft. Eine solche ist immer dann nötig, wenn es mehr Menschen gibt als vorher. Ein weiters Indiz für eine zentrale Herrschaft sind zudem Kaurimuscheln, die in den Gräbern lagen. Diese waren in Ostafrika ein Zahlungsmittel und sind auch im Ort Senga genutzt worden, als dessen Bewohner ihre Produkte weiter östlich verkauften. Die Muscheln wurden ab dem 8. Jahrhundert auch in Senga als Zahlungsmittel genutzt. Auch das ist ein Zeichen für eine stabilisierende Herrschaft in der Region.
In Anlehnung an die Geschichte des Alten Griechenlands, hat man die Epoche des Kisali zweigeteilt. Neben Alt-Kisali spricht man daher auch von der Epoche des klassischen Kinsali, das ab dem 11. Jahrhundert in den Grabfunden nachweisbar ist. Der große unterschied zu den etwa 300 Jahren davor liegt in einer immensen nachweisbaren Steigerung des Reichtums innerhalb einer hierarchischen Gesellschaft. Zudem kann nun durch die Funde auch klar gemacht werden, wie Vererbung in Senga vor sich ging. Zwar blieben die Männer weiterhin die politischen Machthaber, aber lediglich die mütterliche Linie bestimmte diese.
Den Abschluss in der Geschichte von Senga bildet die Epoche des Kabambia, die im 14. Jahrhundert ansetzt. Die Archäologen fanden ab diesem Zeitpunkt in den Gräbern Kupferkreuze, die in der Folge zwar kleiner, aber regelmäßig als Grabbeigaben auftauchten. Sie interpretieren diese im Sinne eines Zeichens für Handelskontakt zu anderen Zentralfrikanischen Völkern, in denen es diese Kreuze schon vorher gab. Darin zeigt sich eine stabile Erweiterung des Handelsnetzes in westliche Richtung, so dass durch den Ort Senga die ostafrikanische Küste mit den westlichen Regionen Zentralfarikas verbunden waren.
Diese zentrale Stellung machte Senga für die Eroberung stärkerer Reiche interessant und so wurde Senga irgendwann im 18. Jahrhundert Teil des Lubareiches. Dieses Reich, das nördlich des Upembasees gelegen war, entstand durch zahlreiche Verbindungen zwischen einzelnen Dörfern und Siedlungen, die durch Heirat der führenden Familien untereinander eine Einheit bildeten. Als politische Einheit etablierte es sich wohl schon im 14. Jahrhundert. Kern des Machterhalts der Luba war die Kontrolle der Handelswege. Die Expansion des Reiches fand im 17. Jahrhundert. einen Höhepunkt, als es vom Fluss Lualaba bis zum Tanganyikasee reichte. Kulturell zeigt sich dies durch die Kupferkreuze, die sich in großer Zahl in diesem Gebiet in zahlreichen Gräbern fanden. Bereits vorher hatten sich verschiedene Vertreter der Luba auf den Weg gemacht, um anderswo zu leben. Dazu gehörte zum einen der Norden Mozambiques, und zum anderen die Region zwischen Lubilashi und Kasai, westlich des Lubareiches, ließen sich einzelne Vertreter der Luba nieder, wo sie sich mit dort lebenden Völkern verbanden, so dass das Lunda-Reich entstand.
Schon der Name Lunda, der „Freundschaft“ bedeutet, ließ so manchem kongolesischen Historiker davon schwärmen, welch eine Blüte an Zivilisation im ausgehenden Mittelalter in Zentralafrika geherrscht haben muss. Eine Staatswesen, das auf Freundschaft aufgebaut war, konnte ja nur friedliebend und progressiv sein.
Und tatsächlich: Lunda war bei seiner Gründung im 16. Jahrhundert ein Konföderation verschiedener Bungu-Völker, die sich einen König wählten, den Mwata. In der mündlichen, teilweise sagenhaften Überlieferung erfährt man dann über den ersten, noch namenlosen Mwata, dass dieser drei Kinder hatte. Die Tochter Luedschi wurde zur Erbin des Reiches ernannt, die beiden erfolglosen Brüder zogen davon und gründeten Mbengale und Luanda in Angola. Die neue Herrscherin indes verliebte sich in einen aus dem Osten kommenden Prinzen der Luba mit Namen Ilunga Kibinda.
Liebe und Freundschaft als Basis für eine Gründung reichten jedoch langfristig nicht aus. Auch die Lunda expandierten über ihr eigentliches Gründungsgebiet heraus. Schon etwa 100 Jahre nach der Gründung des Reiches reichte es vom Oberlauf des Sambesis bis zum Kasai, kriegerische Eroberung der Salzpfannen im südostlichen Katanga kamen wenig später hinzu. Das Prinzip der Konföderation wurde dabei stets im Auge behalten, auch die Eroberten wurden Teil dieses Systems. So existierte ein Rat, der als Kabinett des Königs mit entschied. Er bestand aus den Abgeordneten der tributpflichtigen Häuptlingen und Amtsträgern des Herrerschers. Dieser wurde von vier Würdenträgern gewählt. Es gab zudem noch dem Reich der Lunda verbundene, aber ihre Unabhängigkeit bewahrende, lose und eigenständige Reiche, die dem Herrscher tributpflichtig waren.
Durch Beschreibungen westlicher Reisender der frühen Neuzeit wissen wir einige Details aus dem gesellschaftlichen Zusammenhang der Lunda. So wurde etwa die soziale Stellung durch Verwandschaftsbeziehungen weitergegeben. Was das genau heißt, erklärt sich so: Wenn der Sohn eines Königs irgendwo ein neues Territorium zu seinem eigen macht, bleibt diese Vater-Sohn-Beziehung Grundlage der Beziehung zwischen den beiden Königen, unabhängig davon, wer tatsächlich auf dem Thron sitzt.
Von der auf Liebe und Freundschaft getragenen Gründungsidee war im 18. Jahrhundert nicht mehr viel übrig. Das Reich expandierte unter Zuhilfenahme einer recht starken Armee, die von einem General mit dem Titel Kazembe angeführt wurde, und sicherte sich so die Handelswege von Sansibar, also vom Indischen Ozean, bis an den Atlantik, wo man mit den Portugiesen und anderen Europäern Handel trieb. Das beliebteste Produkt bei diesem Handel war Ebenholz.
Noch ein bisschen weiter westlich entstand das Volk der Kuba, das vor allem durch seine filigrane Handarbeit bekannt wurde. Auch hier gibt es einen Gründungsmythos, der die historische Wirklichkeit recht genau widerspiegelt. Ein Krieger musste aus Westafrika fliehen, weil er eine Inzest-Beziehung zu seiner Schwestser unterhielt. Er ließ sich weit ab in der Region zwischen Sankuru, Kasai und Lulua nieder und gründete dort, irgendwann zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhundert ein neues Reich. Die Kuba trieben vor allem Handel mit der Region der Kongomündung und Katanga Sie waren als Hersteller von Stoffen aus Raphia, einem Palmengewächs, berühmt. Auch sie waren als Konföderation aus einzelnen Häuptlingen strukturiert, die sich ein Oberhaupt wählten. Die Häuptlinge waren absetzbar, aber ein dreiköpfiger Rat der Häuptlinge blieb auf Lebenszeit bestehen. Das gewählte Oberhaupt war rechtlich nicht absetzbar und blieb bis zum Tod im Amt.
Der König erhielt Elfenbein und Leoparden als Tribut. Er unterhielt eine starke Armee, die den Häuptlingen gegen Eindringlinge half. Die Armee wurde zum einen aus jungen Männern rekrutiert, deren Einsatz als Initiationsritus in die Gesellschaft der Erwachsenen galt, zum anderen wurde die Armee aus Kriegsgefangenen rekrutiert.
Das Gerichtssystem wurde durch Geschworen getragen, was aber erst als feststehende Institution im 17. Jahrhundert entstand. In der Qualität ihrer künstlerischen Arbeiten stachen die Kuba heraus. Neben der Produktion der Stoffe, war es vor allem die Holzbearbeitung, in der sie es zu einer wahren Meisterschaft brachten. Die Königsstatuen etwa sind durch einen realistischen Stil geprägt, der vielen anderen Darstellungen aus Zentralafrika fehlt.
Getragen wurden diese beschriebenen Reiche vor allem durch den Kongo und seine Nebenflüsse, die wie ein weitläufiges Schienennetz Waren und Nachrichten in recht schneller Geschwindigkeit von einem Ort zum anderen brachte. Im Westen des Kontinents schließlich bricht der Fluss aus sich heraus und ergießt sich in einer hohen Geschwindigkeit in den Atlantik. Unweit von dieser Stelle, befand sich das letzte Reich, das heute betrachtet werden soll: Das Königreich Kongo.
Seine Anfänge liegen im 14. Jahrhundert begründet. Auch hier besagt der Mythos, dass ein Vertriebener aus dem Norden mit Namen Nimi Lukeni das Reich gründete und dabei gleich auf ein zentrales Königreich setzte. Es gab eine religiöse und eine politische Autorität, die sich in zwei unterschiedlichen Personen darstellten. König und Oberpriester waren klar voneinander unterscheidbar, aber ihre Familien waren durch Hochzeiten miteinander verbunden.
Kriegerische Auseinandersetzungen zur Konsolidierung der Herrschaft und Sicherung von Handelswegen fanden durch die Expansion nach Westen statt, um die Kongomündung unter Kontrolle zu bringen. Im Ergebnis entstand durch die kriegerische Expansion ein Sklavensystem aus Kriegsgefangenen der unterlegenen Völker. Die schon von Anfang an festgelegte Zentralisierung des Königreichs wurde im Laufe der Zeit durch ein stehendes Heer und das Verbot der Vererbung von Posten ausgebaut. Auch eine eigne Währung aus Muscheln war vorhanden. Die Gesellschaft war durch soziale Schichten geprägt, etwa Adelige, Gewöhnliche, Dorfbewohner und Sklaven. Das Gesellschaftssystem beruhte auf Handel und Tausch, da es zum einen gute landwirtschaftliche Produkte, zum anderen ausgearbeitete und spezialisierte Handwerker gab, die ihre Waren durch ein Tribut- und Belohnungssystem vertrieben.
Etwa zur selben Zeit, als das Königreich Kongo sich konsolidiert, also etwa um das Jahr 1300 herum, entsteht auch der Ort Mpumbu als ein großer Markt und Bezirk in der Provinz Nsundi. Dieser Ort umfasste mehrere traditionelle Dörfer und Siedlungen wie Lumeti, Luvula, Ngombe, Intambo, Mbanza, Lemba, darunter einen Ort mit Namen Insasa. In der Sprache der Teke, einem Volk, das im Königreich Kongo lebte bzw. von diesem abhängig war, bedeutet das etwa „Verkaufen auf dem kleinen Markt“. Es ist das Dorf Inshasa, das Kinshasa seinen Namen geben wird. Diesen Namen wählten die Behörden am 30. Juni 1966, um das alte Leopoldville umzubenennen.
Ursprünglich war Inshasa ein Nganda, ein Lager der Teke, das sich auf der Insel Mbamu mitten im Malebo-Becken befand. Seine Bewohner zerstreuten sich infolge verschiedener Kriege. Einige ließen sich auf dem M’Fua-Plateau, dem heutigen Standort von Brazzaville, nieder, während andere zum linken Ufer auswanderten, wo sie in Mpumbu auf den Humbu-Ländern am Ufer des Flusses eine neue Siedlung gründeten. Die Einwohner wurden daher als Flussvolk bezeichnet. Bis hierin sollte klar geworden sein, dass Handel eine entscheidende Rolle bei der Gründung von Reichen im Kongo gespielt hat. Im Laufe der Frühen Neuzeit, nach dem die Europäer gelandet waren, kam ein weiterer Handel hinzu.
Darin zeigt sich eine stabile Erweiterung des Handelsnetzes in westliche Richtung, so dass durch den Ort Senga die ostafrikanische Küste mit den westlichen Regionen Zentralfarikas verbunden waren. Diese zentrale Stellung machte Senga für die Eroberung stärkerer Reiche interessant und so wurde Senga irgendwann im 18. Jahrhundert Teil des Lubareiches. Dieses Reich, das nördlich des Upembasees gelegen war, entstand durch zahlreiche Verbindungen zwischen einzelnen Dörfern und Siedlungen, die durch Heirat der führenden Familien untereinander eine Einheit bildeten. Als politische Einheit etablierte es sich wohl schon im 14. Jahrhundert. Kern des Machterhalts der Luba war die Kontrolle der Handelswege. Die Expansion des Reiches fand im 17. Jahrhundert. einen Höhepunkt, als es vom Fluss Lualaba bis zum Tanganyikasee reichte. Kulturell zeigt sich dies durch die Kupferkreuze, die sich in großer Zahl in diesem Gebiet in zahlreichen Gräbern fanden. Bereits vorher hatten sich verschiedene Vertreter der Luba auf den Weg gemacht, um anderswo zu leben. Dazu gehörte zum einen der Norden Mozambiques, und zum anderen die Region zwischen Lubilashi und Kasai, westlich des Lubareiches, ließen sich einzelne Vertreter der Luba nieder, wo sie sich mit dort lebenden Völkern verbanden, so dass das Lunda-Reich entstand. Schon der Name Lunda, der „Freundschaft“ bedeutet, ließ so manchem kongolesischen Historiker davon schwärmen, welch eine Blüte an Zivilisation im ausgehenden Mittelalter in Zentralafrika geherrscht haben muss. Eine Staatswesen, das auf Freundschaft aufgebaut war, konnte ja nur friedliebend und progressiv sein. Und tatsächlich: Lunda war bei seiner Gründung im 16. Jahrhundert ein Konföderation verschiedener Bungu-Völker, die sich einen König wählten, den Mwata. In der mündlichen, teilweise sagenhaften Überlieferung erfährt man dann über den ersten, noch namenlosen Mwata, dass dieser drei Kinder hatte. Die Tochter Luedschi wurde zur Erbin des Reiches ernannt, die beiden erfolglosen Brüder zogen davon und gründeten Mbengale und Luanda in Angola. Die neue Herrscherin indes verliebte sich in einen aus dem Osten kommenden Prinzen der Luba mit Namen Ilunga Kibinda. Liebe und Freundschaft als Basis für eine Gründung reichten jedoch langfristig nicht aus. Auch die Lunda expandierten über ihr eigentliches Gründungsgebiet heraus. Schon etwa 100 Jahre nach der Gründung des Reiches reichte es vom Oberlauf des Sambesis bis zum Kasai, kriegerische Eroberung der Salzpfannen im südostlichen Katanga kamen wenig später hinzu. Das Prinzip der Konföderation wurde dabei stets im Auge behalten, auch die Eroberten wurden Teil dieses Systems. So existierte ein Rat, der als Kabinett des Königs mit entschied. Er bestand aus den Abgeordneten der tributpflichtigen Häuptlingen und Amtsträgern des Herrerschers. Dieser wurde von vier Würdenträgern gewählt. Es gab zudem noch dem Reich der Lunda verbundene, aber ihre Unabhängigkeit bewahrende, lose und eigenständige Reiche, die dem Herrscher tributpflichtig waren. Durch Beschreibungen westlicher Reisender der frühen Neuzeit wissen wir einige Details aus dem gesellschaftlichen Zusammenhang der Lunda. So wurde etwa die soziale Stellung durch Verwandschaftsbeziehungen weitergegeben. Was das genau heißt, erklärt sich so: Wenn der Sohn eines Königs irgendwo ein neues Territorium zu seinem eigen macht, bleibt diese Vater-Sohn-Beziehung Grundlage der Beziehung zwischen den beiden Königen, unabhängig davon, wer tatsächlich auf dem Thron sitzt. Von der auf Liebe und Freundschaft getragenen Gründungsidee war im 18. Jahrhundert nicht mehr viel übrig. Das Reich expandierte unter Zuhilfenahme einer recht starken Armee, die von einem General mit dem Titel Kazembe angeführt wurde, und sicherte sich so die Handelswege von Sansibar, also vom Indischen Ozean, bis an den Atlantik, wo man mit den Portugiesen und anderen Europäern Handel trieb. Das beliebteste Produkt bei diesem Handel war Ebenholz. Noch ein bisschen weiter westlich entstand das Volk der Kuba, das vor allem durch seine filigrane Handarbeit bekannt wurde. Auch hier gibt es einen Gründungsmythos, der die historische Wirklichkeit recht genau widerspiegelt. Ein Krieger musste aus Westafrika fliehen, weil er eine Inzest-Beziehung zu seiner Schwestser unterhielt. Er ließ sich weit ab in der Region zwischen Sankuru, Kasai und Lulua nieder und gründete dort, irgendwann zwischen dem 15. und dem 17. Jahrhudnert ein neues Reich. Die Kuba trieben vor allem Handel mit der Region der Kongomündung und Katanga Sie waren als Hersteller von Stoffen aus Raphia, einem Palmengewächs, berühmt. Auch sie waren als Konföderation aus einzelnen Häuptlingen strukturiert, die sich ein Oberhaupt wählten. Die Häuptlinge waren absetzbar, aber ein dreiköpfiger Rat der Häuptlinge blieb auf Lebenszeit bestehen. Das gewählte Oberhaupt war rechtlich nicht absetzbar und blieb bis zum Tod im Amt. Der König erhielt Elfenbein und Leoparden als Tribut. Er unterhielt eine starke Armee, die den Häuptlingen gegen Eindringlinge half. Die Armee wurde zum einen aus jungen Männern rekrutiert, deren Einsatz als Initiationsritus in die Gesellschaft der Erwachsenen galt, zum anderen wurde die Armee aus Kriegsgefangenen rekrutiert. Das Gerichtssystem wurde durch Geschworen getragen, was aber erst als feststehende Institution im 17. Jahrhundert entstand. In der Qualität ihrer künstlerischen Arbeiten stachen die Kuba heraus. Neben der Produktion der Stoffe, war es vor allem die Holzbearbeitung, in der sie es zu einer wahren Meisterschaft brachten. Die Königsstatuen etwa sind durch einen realistischen Stil geprägt, der vielen anderen Darstellungen aus Zentralafrika fehlt. Getragen wurden diese beschriebenen Reiche vor allem durch den Kongo und seine Nebenflüsse, die wie ein weitläufiges Schienennetz Waren und Nachrichten in recht schneller Geschwindigkeit von einem Ort zum anderen brachte. Im Westen des Kontinents schließlich bricht der Fluss aus sich heraus und ergießt sich in einer hohen Geschwindigkeit in den Atlantik. Unweit von dieser Stelle, befand sich das letzte Reich, das heute betrachtet werden soll: Das Königreich Kongo. Seine Anfänge liegen im 14. Jahrhundert begründet. Auch hier besagt der Mythos, dass ein Vertriebener aus dem Norden mit Namen Nimi Lukeni das Reich gründete und dabei gleich auf ein zentrales Königreich setzte. Es gab eine religiöse und eine politische Autorität, die sich in zwei unterschiedlichen Personen darstellten. König und Oberpriester waren klar voneinander unterscheidbar, aber ihre Familien waren durch Hochzeiten miteinander verbunden. Kriegerische Auseinandersetzungen zur Konsolidierung der Herrschaft und Sicherung von Handelswegen fanden durch die Expansion nach Westen statt, um die Kongomündung unter Kontrolle zu bringen. Im Ergebnis entstand durch die kriegerische Expansion ein Sklavensystem aus Kriegsgefangenen der unterlegenen Völker. Die schon von Anfang an festgelegte Zentralisierung des Königreichs wurde im Laufe der Zeit durch ein stehendes Heer und das Verbot der Vererbung von Posten ausgebaut. Auch eine eigne Währung aus Muscheln war vorhanden. Die Gesellschaft war durch soziale Schichten geprägt, etwa Adelige, Gewöhnliche, Dorfbewohner und Sklaven. Das Gesellschaftssystem beruhte auf Handel und Tausch, da es zum einen gute landwirtschaftliche Produkte, zum anderen ausgearbeitete und spezialisierte Handwerker gab, die ihre Waren durch ein Tribut- und Belohnungssystem vertrieben. Etwa zur selben Zeit, als das Königreich Kongo sich konsolidiert, also etwa um das Jahr 1300 herum, entsteht auch der Ort Mpumbu als ein großer Markt und Bezirk in der Provinz Nsundi. Dieser Ort umfasste mehrere traditionelle Dörfer und Siedlungen wie Lumeti, Luvula, Ngombe, Intambo, Mbanza, Lemba, darunter einen Ort mit Namen Insasa. In der Sprache der Teke, einem Volk, das im Königreich Kongo lebte bzw. von diesem abhängig war, bedeutet das etwa „Verkaufen auf dem kleinen Markt“. Es ist das Dorf Inshasa, das Kinshasa seinen Namen geben wird. Diesen Namen wählten die Behörden am 30. Juni 1966, um das alte Leopoldville umzubenennen. Ursprünglich war Inshasa ein Nganda, ein Lager der Teke, das sich auf der Insel Mbamu mitten im Malebo-Becken befand. Seine Bewohner zerstreuten sich infolge verschiedener Kriege. Einige ließen sich auf dem M’Fua-Plateau, dem heutigen Standort von Brazzaville, nieder, während andere zum linken Ufer auswanderten, wo sie in Mpumbu auf den Humbu-Ländern am Ufer des Flusses eine neue Siedlung gründeten. Die Einwohner wurden daher als Flussvolk bezeichnet. Bis hierin sollte klar geworden sein, dass Handel eine entscheidende Rolle bei der Gründung von Reichen im Kongo gespielt hat. Im Laufe der Frühen Neuzeit, nach dem die Europäer gelandet waren, kam ein weiterer Handel hinzu.
Die Entdeckung Amerikas 1492 änderte für die afrikanische Westküste und insbesondere die Kongo-Mündung alles. Niemand anders als der für die amerikanischen Indios kämpfende Bischof Bartholomäus de las Casa war es, der forderte, statt der armen, geschundenen Indios sei es doch wesentlich wirtschaftlicher, die stämmigen, kräftigen Afrikaner in die Neue Welt zu verschicken. Zu seiner Ehrenrettung sei gesagt, dass er diesen Vorschlag Zeit seines Lebens bereuen sollte. Aber wer konnte schon ahnen, dass es gerade dieser Vorschlag war, der auf offene Ohren stieß.
Die Frage war nur, wie man die Afrikaner aus dem Gebiet des Kongo nach Amerika bekam. Die Antwort darauf bestand im Nutzen einer jahrhundertealten Tradition die es im Kongo gab: Die Haltung von Sklaven. Dabei handelte es sich zum Teil auch um diejenigen Sklaven, die man aus der Antike kannte. Männer und Frauen, die im Krieg besiegt und erbeutet worden waren. Diese hatten gemeinhin, so weit dies einem unfreien Menschen möglich ist, ein gutes Leben. Sie konnten Geld verdienen, sich frei kaufen und sogar selber Sklaven halten. Aber auch das, was man sich heute unter Sklavenhaltung vorstellt, war vor allem an der Küste, im Königreich Kongo, verbreitet.
Dieses System konnte man für den Handel nutzen. Der christliche König Alphonso wurde nun zu einem eigenständigen Handelspartner für den Verkauf von Menschen. Zunächst wurden ausschließlich Sklaven verkauft, die bereits gefangen waren, doch der Hunger in Amerika nach neuen Sklaven war groß und so ging Alphonso dazu über, Kriege zu führen, die den Zweck hatten, Menschen zu versklaven. Für die Portugiesen bedeutete dies vor allem eines: Alphonso hatte ein Monopol und konnte den Preis bestimmen. Daher machten sie auch Geschäfte mit anderen Herrschern entlang der afrikanischen Westküste. Von den weiter oben genannten Völkern, die sich im Kongobecken niedergelassen hatten, beteiligten sich neben anderen die Teke, die Lunda und die Mpumbu an diesem Handel. Die Vorfahren zahlreicher vor allem brasilianischer Sklaven waren, so kann man also ohne Zweifel sagen, Kongolesen und der Sklavenhandel war für die Region bis in das 19. Jahrhundert hinein bestimmend. Dörfer und Reiche wurden durch diesen Handel, an dem sich zahlreiche afrikanische Völker beteiligten, menschenleer. Das diese Situation so nicht weiter gehen konnte, war allen Autoritäten klar, und dennoch passierte aufgrund zahlreicher politischer Ränkespiele nichts.
In diesem Machtvakuum erschien auf einmal eine Frau auf der Bildfläche, die über Jahrzehnte die politischen Geschicke an der Westküste Zentralfrikas lenken sollte: Königin Nzinga!
Diese Frau, nach der 2017 in Berlin eine Straße benannt werden sollte, gehört zu den interessantesten, aber auch ambivalentes den Figuren der afrikanischen Geschichte. Nzinga wurde als die Tochter eines Königs der Gola geboren, allerdings lediglich als eine Tochter einer Nebenfrau, sodass sie keinerlei Anspruch auf königliche Macht besaß.
Das hinderte sie aber nicht daran, ihren Halbbruder, den Prinzen, zu ermorden, nachdem dieser sie als Botschafterin zu den Portugiesen geschickt hatte. Dort hatte sie einiges über die Pläne der Portugiesen in ihrem Königreich in Erfahrung bringen können und war davon überzeugt, dass sie die einzige Person sei, die die Pläne der Portugiesen durchsetzen und zu ihrem eigenen Vorteil nutzen konnte.
Als die Portugiesen allerdings von diesen Plänen abrücken wollten, ging sie in Feindschaft zu den Europäern über, und probierte Allianzen mit Nachbar reichen zu schließen. Dies gelang ihr unter anderem durch die Hochzeit mit einem der Nachbarkönige, sodass sie ihr Reich um das der Ngola auch noch erweitern konnte. Mit Unterstützung diese neuen Macht, war sie bereit, den Portugiesen Widerstand zu leisten, und gilt deswegen bis heute als eine der vor Kämpferinnen gegen den europäischen Kolonialismus. Interessanterweise war sie in ihrem eigenen Volk äußerst unbeliebt. Das lag zum einen daran, das sie eine Frau war, zum anderen am fehlenden königlichen Hintergrund.
Allerdings, Überlegungen, nach dieser bedeutenden Frau eine Straße in Berlin zu benennen, sind durch eine Diskussion über diese Person zum Erliegen gekommen. Der Grund dafür war, dass der bisherige Namensträger der Straße Gustav Nachtigal zwar ein deutscher Afrikaforscher mit rassistischen Einstellungen gewesen ist, gleichzeitig aber ein vehementer Gegner der Sklaverei war. Königin in Nzinga ihrerseits war eine skrupellose Profiteurin des Sklavenhandels. Nachdem sie die Portugiesen verdrängt hatte, kooperierte sie mit den Niederländern und auch deren Haupthandelsgut waren Sklaven, die sie in zahlreichen Kriegen gegen ihren Nachbarreiche gefangen genommen hatte.
Um den Charakter dieser Frau noch ein wenig schillernder zu fassen, sei auf die erste Episode angewiesen, in der sie in den Akten der Historiker erscheint. Aus unerfindlichen Gründen hatte ihr Halbbruder sie als Gesandte zu den Portugiesen geschickt. Um auf gleicher Augenhöhe mit den europäischen Kaufleuten diskutieren zu können, ließ sie sich auf dem Rücken einer Sklavin nieder, die ihr die gesamten Verhandlungen über als Stuhl diente.
Königin Nzinga war eine rücksichtslose Regentin, die ihre Interessen mit den Interessen ihres Volkes gleichsetzte. Diese Gleichsetzung war aber keinesfalls immer glücklich. Dennoch schaffte sie es mit harter Hand 30 Jahre lang die Geschicke des Königreiches zu lenken und durch geschicktes Verhandeln mit den europäischen Mächten ihr Königreich zu einem reichen und einflussreichen Gebiet auszubauen. Als sie jedoch starb, hielt sich die Trauer ihrer Untertanen in Grenzen. Man kann davon ausgehen, dass Nzinga, wäre sie ein Mann gewesen, einen Titel wie etwa der Große oder ähnliches bekommen hätte. Ihr realpolitisches Handeln, dass ihr Reich groß und mächtig machte, hätte bei einem Mann sicherlich für Lobeshymnen gesorgt, einer Frau, die in der Tradition ihres Volkes zum Regieren ungeeignet war, wurden diese Handlungen allerdings negativ ausgelegt.
Doch Nzingas Politik blieb nur eine kurze prosporiende Episode in der Geschichte des Niedergangs des Königreichs Kongo. Im 18. Jahrhundert war das Reich in viele kleine Gebiete zerfallen, deren Herrscher zwar gerne wieder auf den Thron gelangt wären, denen dazu aber der Rückhalt fehlte. In den Quellen dieser Zeit ist deutlich zu merken, dass auch den Menschen im Königreich selber dieser Niedergang zu schaffen macht.
An keiner anderen Figur wird das so deutlich wie an Kimpa Vita, genannt Dona Beatriz. Sie war das Oberhaupt der so genannten Antonianer-Bewegung, die sich gegen Ende des 17. Jahrhunderts aufmachte, die Reste dessen, was einmal das Königreich Kongo war, wiederzubeleben. Daher war es auch kein Wunder, dass sie sich mit ihrer Bewegung und der mittlerweile verlassenen Hauptstadt Mbanza niederließ. Sie selber erkor die alte Kathedrale, die im Auftrag von Henrique erbaut worden war, zu ihrem Amtssitz.
Ausgangspunkt ihrer charismatischen Bewegung war der Glaube daran, dass sie als Opfer von Gewalt durch einen Bürgerkrieg, der um das Jahr 1700 in dem ehemaligen Vorzeigekönigreich Kongo tobte, gestorben zu sein und durch die Kraft des heiligen Antonius, einem der Kirchenväter, auferstanden und von ihm besessen worden zu sein. Ihre eigenen Erfahrungen und Visionen machten sie zu einer Mystikerin, wie es sie vor ihr auf dem afrikanischen Kontinent keine gab. Für das Königreich Kongo war sie in etwa so bedeutend, wie Hildegard von Bingen für Deutschland. Anders als Hildegard aber war sie keine Nonne und lebte auch nicht nach den Geboten irgendeines Ordens. Als sie 1706 einem Kind das Leben schenkte, wurde dieser Moment der Schwäche genutzt, um sie festzusetzen und als Ketzerin verbrennen zu lassen.
VI. Katanga – das alte Shaba (Kupfer in Swahili) (arab.: Katanga):
Dieser Vortrag möchte schließen mit einem Blick zurück nach Südosten. Etwas entfernt von den Luba befindet sich die Region Katanga, was ein arabischer Name ist. Mobutu war sich dessen bewusst und so ließ er die gesamte Provinz in den 1970er Jahren umbenennen und gab ihr den Namen Shaba, was Swahili für das Metall Kupfer ist.
Der Name hatte durchaus Sinn, denn für Kupfer war die Region bekannt gewesen. Die Bewohner hatten seit dem 10. Jahrhundert Kupferrindenmünzen zum Tausch verwendet. Es ist eine Währung, die kaum weniger wert ist als das Elfenbein. Das Schmelzen von Kupfer war einer männlichen Sekte vorbehalten, die sich „Kupferfresser“ nannte. Das Symbol par excellence von Katanga war damals Kupfer. Die Kupferproduktion war saisonal (Trockenzeit für die Ernte von Malachit und dann im Oktober, Schmelzen in einem Ofen). Die auf diese Weise gewonnene Kupfermenge wurde auf plus oder minus 15 Tonnen pro Jahr geschätzt. Das Gießen erfolgte in einer kreuzförmigen Sandform; dann wurde es in Kupferdraht unterschiedlicher Dicke gestreckt und weiterverkauft.
Das Kupfer bildete die Grundlage für die einzige Münzpräge in Ostafrika während des Mittelalters. Diese stand in der ostafrikanischen Küstenstadt Kilwa. Deren Münzen wurden nicht in nur innerorts genutzt, sondern fanden auch außerhalb Verbreitung – allerdings nur wenig in Afrika selber. Münzen aus Kilwa wurden 1944 an der Nordküste Australiens entdeckt, was ihre Verbreitung im Indischen Ozean klar belegt. Doch Kilwa war nicht nur eine Kupferprägestätte, es war ein Handelplatz für unzählige Güter, vor allem für Gold aus Afrika.
Folgt man diesem Gold auf umgekehrtem Weg zurück nach Afrika, so landet man schnell in dem etwa 1500 km entfernten Groß-Simbabwe. Der Name leitet sich ab von uralten Steinhäusern, die hier ein großes Ausmaß annehmen. Über das Leben in diesen Städten wissen wir so gut wie nichts, da es an schriftlichen Zeugnissen welcher Art auch immer fehlt. Die archäologischen Funde aus Groß-Simbabwe aber zeigen uns, dass es hier eine große Kultur gegeben haben muss. Zwischen 11000 und 18000 Einwohner müssen in dieser Stadt gelebt haben. Damit ist sie die größte Stadt südlich der Sahara im vorkolonialen Afrika. Zwischen den Jahren 1300 und 1500 florierte dieser Ort, der von einem Bau auf einem Hügel dominiert wird, der von den Europäern Akropolis genannt wurde. Alle Häuser dieses Ortes, der 180 Hektar umfasst, sind ohne Mörtel zusammengebaut und halten dennoch seit knapp 800 Jahren. Der Akropolishügel wird von einer Mauer umfasst, die zwölf Meter hoch und fünf Meter dick ist. Auch über die Religion der Einwohner können wir nur soviel sagen, als dass Vögel eine besondere Rolle bei ihr gespielt haben müssen, denn in den Kultzentren finden sich auffallend viele Statuen und Reliefs dieser Tiere. Der Handel mit Gold machte die Bewohner von Groß-Simbabwe reich. Das belegen Luxusgüter wie chinesisches Porzellan oder indische Perlen. Auch in Groß-Simbabwe gab es aber arme Menschen, die außerhalb der Stadt gelebt haben müssen.
Anders als an der afrikanischen Ostküste haben wir es hier tatsächlich wohl mit einer staatlichen Struktur zu tun, dessen Zentrum die Stadt Groß-Simbabwe gewesen sein wird. Mehr als 300 kleinere Städte sind im Umkreis der Stadt ausgemacht worden, die größeren davon waren wahrscheinlich Provinzhauptstädte des Reiches.
Innerhalb des Einflussraumes von Groß-Simbabwe lagen auch die Minen, die sich heute im Hochland von Simbabwe befinden. Dort wurde ab dem 12. Jahrhundert Gold abgebaut – gelegentlich passiert dies auch noch heute. Zuständig für den Abbau des Goldes waren, so zeigen Skelettfunde in den Minen, Frauen. Der Grund dafür ist nicht bekannt. Seit dem 13. Jahrhundert floss der Erlös aus dem Verkauf dieses Metalls in den Bau der Stadt Groß-Simbabwe und des ihr zugehörigen Großreiches. Dieses umfasste etwa das Gebiet des heutigen Staates Simbabwe aber auch Teile von Botswana, dem nördlichen Südafrika sowie Teile von Mosambik.
Ein Vergleich mit arabischen Darstellung des 13. Jahrhunderts zeigt, dass es sich bei der Küstenregion Mosambiks um die kaum zu identifizierende Provinz Sofala handeln muss, die bereits im zehnten Jahrhundert als Heimat des afrikanischen Goldes ausgemacht wurde. Dieses Gold aber kann noch nicht in den Minen Groß-Simbabwes abgebaut worden und muss daher anderen Ursprungs sein. Im südlichen Afrika konnten Archäologen in der Zeit zwischen 700 und 1200 die Existenz zahlreicher größer werdender Siedlungen nachweisen. Neben Ackerbau und Viehzucht betrieben die Einwohner dieser Siedlungen auch Handel unter anderem mit Elfenbein, aber auch Eisen, Töpferware, Getreide und Vieh. Etwa ab dem Jahre 1000 sind außerdem Fernhandelsbeziehungen mit verschiedenen Gegenden am Limpopo, einem Grenzfluss im nördwestlichen Südafrika, am Sambesi, dem viertgrößten Fluss Afrikas, und Katanga belegt. Aus diesen Gebieten wurden Kupfer und Gold bezogen. Es besteht also die Möglichkeit, das Gold aus Zentralafrika über südafrikanische Händler seinen Weg an die Ostküste und so bis nach Arabien fand.
VI. Fazit
In der vorkolonialen Geschichte des Kongo spiegelt sich eine Zeit wider, in der die Gesellschaften dort als eigenständige Akteure auftreten, die Handel treiben, Krieg führen, Kunst schaffen, Reiche gründen und Geschichten erzählen. Der Kongo mag für die Europäer ein weißer Fleck gewesen sein, für die Menschen, die dort wohnten aber war der Fluss ein Handels und Kommunikationsnetz, das sie indirekt und den ein oder anderen auch direkt mit der Welt verband.
Es ist keine vergessene Welt, kein Land voller Wilder und schon gar nicht geschichtslos, wie es der Philosoph Hegel meinte. Man muss sich nur die Mühe machen zu suchen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.